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Für eine bessere Spendenkultur
9/13/2011 von Stefan Loipfinger
Archivtext

Kinderkrebsvorsorge e. V.

Verdacht auf Spendenbetrug

Die Vereinshomepage wird in fünf Sprachen angeboten

Die Staatsanwaltschaft Saarbrücken teilte auf Anfrage von CharityWatch.de mit, dass gegen drei Personen in Zusammenhang mit dem Verdacht auf Spendenbetrug ermittelt wird. Bei den Beschuldigten handelt es sich um einen 50-jährigen Mann und zwei Frauen. Derzeit werden die bei Hausdurchsuchungen im August beschlagnahmten umfangreichen Unterlagen ausgewertet. Das Augenmerk der Staatsanwaltschaft richtet sich dabei vor allem auf Überweisungen vom Konto des Vereins Kinderkrebsvorsorge auf Privatkonten, deren Berechtigung genau zu hinterfragen ist. Für konkretere Aussagen ist es laut Staatsanwaltschaft noch zu früh. Das Spendenvolumen im Tatzeitraum soll bei 500.000 bis 600.000 Euro liegen. Der Verein war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.

Vereinsziele. Die Versprechen des Vereins klingen sehr vollmundig: „Der Kinderkrebsvorsorge e. V. ist angetreten, den schwächsten Mitgliedern unserer Gesellschaft, den Kindern bzw. schwerkranken Kindern eine unbürokratische und sofortige Hilfe während ihres Leidensweges zu gewährleisten.“ Spenden sollen laut Vereinsinformationen auch dort ankommen, wo Hilfe benötigt wird: „Als anerkannter gemeinnütziger Verein liegt uns ausschließlich das Wohl der betroffenen Kinder und deren Familien am Herzen und wir würden uns sehr freuen, wenn Sie die Transparenz unseres Vorhabens sowie das ehrbare Engagement unserer Organisation erkannt haben und bereit wären, den Kinderkrebsvorsorge e.V. zu fördern und uns bei unserer Arbeit zu unterstützen.“ Schöne Versprechen, die offenbar von der Realität weit entfernt sind.

Förderkreis. Neben dem Verein Kinderkrebsvorsorge existierte noch ein Partnerverein namens Förderkreis Kinderkrebsvorsorge. Bei diesem war die Verwendung der Spendengelder ebenfalls zweifelhaft, was die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion bereits 2009 zur Verhängung eines Sammlungsverbotes veranlasste. In der damaligen Pressemitteilung hieß es: „Da aufgrund der Vorlagen des Vereins insgesamt keine ordnungsgemäße Verwendung der vereinnahmten Geldspenden festgestellt werden konnte und daher Zweifel an der zweckentsprechenden Verwendung der Geldspenden bestehen, musste die ADD ein landesweites Sammlungsverbot für Rheinland-Pfalz verfügen.“ Laut dem gemeinsamen Registerportal der Länder wurde der Verein allerdings mit Datum 27. August 2011 gelöscht.

Unterstützer. Wie schon in dem CW-Beitrag von Februar 2010 beschrieben, versucht die Kinderkrebsvorsorge durch Nennung vieler prominenter Namen als Unterstützer eine Seriosität zu vermitteln, die nicht gegeben ist. Sogar Firmen, die damals über die Nutzung ihres Logos von der zweifelhaften Kinderkrebsvorsorge informiert wurden, werden bis heute auf der Homepage benannt. Offenbar wurde die werbliche Nennung selbst nach Erlangung der Information über die Kinderkrebsvorsorge nicht untersagt. Aber über diesen Sachverhalt hinaus bestätigt dieser Fall einmal mehr, wie unkritisch Firmen bei der Auswahl von unterstützenswerten Organisationen vorgehen.

Dankschreiben. Ebenfalls zur Vortäuschung einer offenbar nicht vorhandenen Seriosität veröffentlicht die Kinderkrebsvorsorge eine Reihe von Dankschreiben verschiedener Kliniken, denen Spenden zugesprochen wurden. Wie auf Nachfrage bei einigen deutlich wurde, herrscht diesbezüglich eine gewisse Naivität. Auf den werblichen Einsatz der Schreiben hingewiesen reichte die Bandbreite der Reaktionen von „ach du liebe Güte“, über „das werden wir der Rechtsabteilung übergeben“ bis zu „zukünftig müssen wir Spendenorganisationen besser überprüfen“. Letzteres ist jeder Klinik zu empfehlen, vor allem wenn der Verein ein Dankschreiben zur Veröffentlichung und damit zur werblichen Nutzung einfordert.

Spender. Höchst fragwürdig ist eine Praxis der Kinderkrebsvorsorge in Bezug auf die öffentliche Nennung von Paten und Spendern. Auf der Homepage werden unter „Sponsoren“ die Vor- und Nachnamen von Privatpersonen genannt. Rund 2.000 Namen werden aufgeführt, obwohl zu bezweifeln ist, dass diese einer Veröffentlichung zugestimmt haben.

CW-Meinung. CharityWatch.de warnt vor der Kinderkrebsvorsorge bereits seit Anfang 2010. Auch die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) aus Trier hat gegen den Verein ein Sammlungsverbot ausgesprochen, das allerdings zuständigkeitshalber nur für Rheinland-Pfalz gilt. Aus Trier kam auch der Anstoß für die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen. Selbst wenn natürlich derzeit keine Vorverurteilung der Beschuldigten erfolgen darf, so muss doch weiterhin vor Spenden an die Kinderkrebsvorsorge gewarnt werden.

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