Thursday, 4/25/2024 Home Suche nach Organisation Datenschutz Impressum
Für eine bessere Spendenkultur
2/22/2010 von Stefan Loipfinger
Archivtext

Kinderkrebsvorsorge e.V.

Massive Zweifel trotz namhaften Kuratoren

Das Logo des Vereins Kinderkrebsvorsorge e.V.

Durch eine kritische Anfrage ist CharityWatch.de vor gut einer Woche auf den Verein Kinderkrebsvorsorge e.V. aus Saarbrücken aufmerksam geworden. Das Antwortschreiben der Vorsitzenden Natalia Mironenko wurde auf einem ungewöhnlichen Briefformular verfasst. Neben der Unterschrift findet sich ein amtlich wirkender Siegelstempel und der rechte Rand ist voll mit Professoren, die im Kuratorium des Vereins sitzen. Doch dieser seriöse Anstrich täuscht. Seit dem 18. Februar 2010 warnt nun die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) aus Trier vor dem Verein und hat für Rheinland-Pfalz ein Sammlungsverbot erlassen. Vor dem Partnerverein Förderkreis Krebsvorsorge e.V. warnt die ADD schon länger.

ADD. Ein Leser von CharityWatch.de hat verschiedene Vorwürfe gegen den Verein erhoben, denen Natalia Mironenko heftig widersprochen hat. Während der dadurch ausgelösten Recherchen traf nun das Sammlungsverbot der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion Trier für Rheinland-Pfalz ein: „Nach umfangreicher sammlungsrechtlicher Prüfung der ADD ist insgesamt keine ausreichende Gewähr der Verwendung der Geldspenden für die in der Öffentlichkeit beworbene Hilfe krebskranker Kinder gegeben. Insbesondere die hohen Kosten für Werbung und Verwaltung sowie für Internetdienstleistungen führen zu sammlungsrechtlichen Zweifeln an einer angemessenen Verwendung der Geldspenden für unmittelbare Projektzuwendungen.“

Finanzzahlen. Auf Nachfrage hat die Kinderkrebsvorsorge die Einnahmen und Ausgaben 2008 vorgelegt. Den Spendeneinnahmen in Höhe von 275.400 Euro standen Ausgaben in Höhe von 272.800 Euro gegenüber. Allerdings waren in den Einnahmen und Ausgaben fragwürdige Sachspenden von 140.100 Euro enthalten. Werden diese heraus gerechnet, ergibt sich für die Geldeinnahmen in Höhe von 135.200 Euro eine magere Projektausgabenquote von 14,6 Prozent. Denn die Projektaufwendungen lagen ohne die Sachspenden bei mageren 19.700 Euro. Der Grund liegt in den erheblichen Verwaltungskosten und den Ausgaben für Fundraising. Zum Beispiel sind 21.700 Euro für Spendenakquisition durch eine Firma Dialogmarketing aus Mannheim ausgewiesen. Weitere 18.400 Euro wurden für „Information und Aufklärung“ ausgegeben. Sponsorenakquise und Imagekampagnen kosteten weitere 15.100 Euro. In Summe standen 2008 den Verwaltungs- und Werbekosten von 112.900 Euro magere Projektaufwendungen in Geld von 19.700 Euro gegenüber.

Sachspenden. Die größte Projektausgabe war 2008 eine Medikamentenspende von Fresenius im angeblichen Wert von 100.000 Euro. Allerdings wurde diese gleich an den nächsten Verein Augenlicht e.V. weiter gereicht. Somit wurden die Einnahmen und Projektausgaben aufgebläht, weil Fresenius gleich an Augenlicht e.V. spenden hätte können. Außerdem hat der Pressesprecher Matthias Link auf Anfrage bestätigt, dass der Wert der Medikamente nur im fünfstelligen Bereich lag: „Wir können Spendenbeträge an den genannten Verein in einem höheren Gesamtvolumen nicht bestätigen.“ Zusätzlich hat Fresenius die Berichterstattung über die Spende nicht genehmigt und die Kinderkrebsvorsorge sogar aufgefordert, „diesbezügliche Inhalte von ihrer Website zu entfernen“. Das ist allerdings nicht geschehen. Franz Vogel von der Kinderkrebsvorsorge erklärte, dass die Sachspende korrekt bewertet worden sei und in der Apotheke deutlich teurer wäre. Über die Art und Menge der Medikamente wollte er aber nichts näheres sagen. Hinsichtlich der Sachspenden von über 40.000 Euro für das Jugendprojekt „Krebs nicht rum – Treib Sport“ räumte er auf Nachfrage ein, dass dies nichts mit der Krankheit Krebs zu tun hätte. Dabei handelte es sich um eine Unterstützung von „Sport als gesundheitsfördernde Maßnahme“.

Kuratorium. 40 hochrangige Personen im Kuratorium und einen Professor als Pressesprecher kann nicht jeder Verein vorweisen. Das wirkt seriös, ist aber kein wirkliches Qualitätsmerkmal. Der Pressesprecher Prof. Heinrich Schüssler wird auf dem Brief vom 10. Februar 2010 noch als solcher geführt, obwohl er bereits Ende 2009 ausgeschieden ist. Bei den Kuratoriumsmitgliedern ist es aber noch schlimmer. Stichprobenartige Nachfragen bei einigen Kuratoren ergaben erstaunliches. Prof. Dr. Hubert Bardenheuer hat schon lange nichts mehr von dem Verein gehört und dachte schon, den gäbe es nicht mehr. Prof. Dr. Dietrich von Schweinitz kennt den Verein überhaupt nicht. Prof. Dr. Lothar Zimmerhackl kennt zwar den Verein, hat aber ebenfalls schon ewig nichts mehr von ihm gehört. Auf die Frage, ob er vor der Zusage dem Kuratorium beizutreten zum Beispiel die Verwendung der Spendengelder hinterfragte, musste er eingestehen, dass er sich nicht näher mit dem Verein beschäftigt hatte. Das wird er jetzt aber nachholen und zukünftig solche Entscheidungen besser überdenken.

Unterstützer. Ähnlich wie mit dem Kuratorium verhält es sich mit einer sehr namhaften Liste von Sponsoren. Um Seriosität auszustrahlen, bedankt sich die Kinderkrebsvorsorge auf ihrer Homepage bei großen Unternehmen, die alle mit Logo aufgelistet werden. CharityWatch.de hat auch hier stichprobenartig bei einigen nachgefragt. Sandra Hohenlohe von Hipp erklärte: „Hipp hat den Verein nie unterstützt und auch nicht genehmigt unser Logo zu verwenden.“ Dagmar Schorn von Opfermann Arzneimittel, zu der Madaus gehört, berichtet von einer einmaligen Spende über 500 Euro in 2005, aber ansonsten keinen weiteren Kontakten. Sina Hempel von Danone, die mit ihren Marken Volvic und Evian in der Sponsorenliste auftauchen, erklärte: „Wir hatten dem Verein Kinderkrebsvorsorge e.V. zweimal Kleinstmengen von Sachspenden für ein Kindertennisturnier zukommen lassen.“ Für Dell antwortete der Kommunikationschef Michael Rufer, dem nichts von einer Unterstützung bekannt ist, obwohl er bei Sponsoringaktionen von Dell immer involviert ist. Eine genehmigungspflichtige Verwendung des Logos ist ihm ebenfalls nicht bekannt.

CW-Meinung. Allein schon das Briefpapier mit Siegelstempel und der langen Liste von Kuratoriumsmitgliedern erweckt Misstrauen. Die stichprobenartige Nachfrage bei den Kuratoren unterstreicht den scheinheiligen Anstrich ähnlich wie die Vertrauen bildende Nennung der Sponsoren, die ebenfalls zum Teil nichts davon wissen. Das Verhältnis von Geldspenden und Projektausgaben ohne Sachspenden war 2008 mit 14,6 Prozent völlig indiskutabel. Die von der ADD geäußerte Begründung des Sammlungsverbotes ist deshalb absolut nachvollziehbar. Franz Vogel von der Kinderkrebsvorsorge, der die Kritik der ADD „an den Haaren herbeigezogen“ sieht, sollte das schon etwas fundierter begründen.