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Für eine bessere Spendenkultur
11/10/2010 von Stefan Loipfinger
Archivtext

BeKid Behinderte Kinder in Deutschland e.V.

Vom Erotikunternehmen zum Fundraiser

Eigene Ausweise sollen Seriosität vermitteln
Bild: Musterausweis von BeKid e.V.

Thomas Heinze leitete den Verein A.E.B.V. Allgemeiner Europäischer Behinderten Verband aus Dessau. Im Februar 2010 wurde das Insolvenzverfahren eröffnet. Pleite ist auch die Toboro Limited, die zwischendurch von seiner Ehefrau geführt wurde. Nachdem Toboro offenbar wenig erfolgreich als Erotikunternehmen im Internet agierte, versuchte sie sich als Fundraiser für A.E.B.V.. Angeblich soll es für eine Mercedes S-Klasse gereicht haben, bis nun im April dieses Jahres die Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung festgestellt wurde. Heinze ist aber weiter aktiv als Vorstand von BeKid Behinderte Kinder in Deutschland. Über Haustürsammlungen werden nun auch dort Spenden akquiriert. Was mit dem Geld aber tatsächlich passiert, ist völlig unklar.

A.E.B.V. Von 2001 bis 2010 bestand der Verein Allgemeiner Europäischer Behinderten Verband aus Dessau. Im Vereinsregister als Vorstand eingetragen ist der 43-jährige Thomas Heinze. Ein Insolvenzverfahren Anfang dieses Jahres beendete das Treiben des Vereins. Angeblich sollte behinderten Menschen geholfen werden. Zur Akquise von Geld wurden „professionelle Werbefirmen“ beauftragt, die auch direkt von Tür zu Tür gingen. Angeblich wurden auf diese Weise Einnahmen bis zu 40.000 Euro pro Monat erreicht.

Toboro. Mit 100 Pfund Kapital startete in 2008 die englische Limited Toboro mit dem Geschäftszweck „Internetdienste, Internetmehrwertdienste und Telefonservice“. Geschäftsführerin und Gesellschafterin bei Gründung war Evelyn Specht, die heute noch für den Verein BeKid arbeitet. Die Ehefrau von Thomas Heinze löste Specht allerdings schon kurz nach Gründung als Geschäftsführerin ab. Anfängliche Versuche im Erotikgeschäft Fuss zu fassen, scheiterten kläglich. Toboro übernahm deshalb die Mitglieder-/Spendenwerbung für den A.E.B.V.. Mit Überschriften wie „Spaß am Vertrieb? Zu wenig Geld? Zu hohe Stornoquote? Der Schlüssel zum Erfolg: Fundraising” wurden MitarbeiterInnen gesucht. Geboten wurde neben einem „konkurrenzlosen Produkt“ eine „attraktive Abschluss-/Folge-/Dauerprovision“. Obwohl das System zwischendurch sehr erfolgreich lief, stellte ein vom Amtsgericht Dessau-Roßlau bestellter Gutachter Anfang 2010 die Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung fest.

BeKid. Behinderte Kinder in Deutschland heißt der neue Verein von Thomas Heinze. Er residiert am Kurfürstendamm in Berlin. Angeblich nur auf dem Papier als Kunde eines Büroserviceunternehmens. Die Masche der Geldakquise ist gleich geblieben. Mit Anzeigen werden MitarbeiterInnen für den Außendienst gesucht. Einstellungsvoraussetzung: Mindestalter 18 Jahre und „perfektes Deutsch in Sprache und Schrift“. Toboro war anfänglich auch für BeKid aktiv. Zum Beispiel gehört die Homepage des Vereins laut der Registrierungsstelle denic der zwischenzeitlich insolventen Toboro - mit Ansprechpartner Thomas Heinze.

Anfragen. Nicht nur CharityWatch.de hat vergeblich versucht, brauchbare Antworten auf berechtigte Fragen zu erhalten. Im öffentlichen Frageportal sind mittlerweile reihenweise kritische Bemerkungen mit Bitte um Stellungnahme zu finden. Selbst Förderverträge sind schon über das Frageportal öffentlich gekündigt worden, weil angeblich direkt an den Verein gerichtete Kündigungen erfolglos blieben. Insgesamt erscheint das Auskunftsverhalten von BeKid einem seriösen Verein nicht angemessen. Denn zum Beispiel auf die Frage eines Lesers nach konkreten Projekten, die der Verein schon gefördert hat, wird ausweichend mit einem Hinweis geantwortet, dass man im Rahmen der geltenden Rechtsvorschriften arbeitet. Namen von Projekten werden nicht genannt.

CW-Meinung. Aus unterschiedlichen Richtungen hat CharityWatch.de mittlerweile kritische Hinweise zu BeKid und Thomas Heinze erhalten. Förderer die sich beschwerten und ausgeschiedene Mitarbeiter, die von Drückermethoden berichten. Das alles ist aber nicht entscheidend, warum vor dem Verein Behinderte Kinder in Deutschland nur gewarnt werden kann. Fakten wie die Insolvenzen vom Allgemeinen Europäischen Behinderten Verband und der zweifelhaften Toboro Limited sprechen ebenso eine klare Sprache wie die Verweigerung von Auskünften über die Verwendung der Spendengelder.

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