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Für eine bessere Spendenkultur
2/25/2010 von Stefan Loipfinger
Archivtext

Bund für Kinderhilfe e.V.

Vorstand sitzt in Untersuchungshaft

Das Logo des Vereins
Bild: Bund für Kinderhilfe e.V.

Der Vorstandsvorsitzende vertritt den Bund für Kinderhilfe e.V. laut Vereinsregister allein. Diese Vertretungsbefugnis schafft Missbrauchspotenzial. Dieses wurde offensichtlich ausgenutzt. Seit Oktober 2009 sitzt der Vorstand in Untersuchungshaft. Der Haftbefehl wurde ausgestellt, weil der Verdacht des Betruges in Zusammenhang mit Untreue erhoben wird. Die Staatsanwaltschaft hat Zweifel an der Existenz eines Waisenhauses in Thailand erhoben und spricht von einem „angeblichen Waisenhaus“. Dafür hat der Vorstand für den Verein ein Haus in Augsburg gekauft – allerdings nicht von einem fremden Dritten!

Verein. Angeblich ist der Bund für Kinderhilfe vom Finanzamt Augsburg als gemeinnützig anerkannt. Im Untertitel bezeichnet er sich deshalb als „gemeinnütziges Kinderhilfswerk“, das Spenden und Fördermitgliedschaften einsammelt. Für 30 Euro im Monat kann eine Patenschaft für ein Kind in Thailand übernommen werden. Damit hat ein in dem Königreich lebendes Kind „genügend zu essen, die medizinische Grundversorgung ist gewährleistet und es kann in einer Schule lesen und schreiben lernen“. Laut Homepage vertritt der Vorstand den Verein „ehrenamtlich und unbezahlt. Es werden weder Gehalt noch Aufwandsentschädigungen gezahlt. Der Vorstand unterstützt die Organisation darüber hinaus insofern, dass er selbst einen Teil der anfallenden Kosten der Organisation trägt.“

Patenbefragung. CharityWatch.de liegt ein Schreiben der Kriminalpolizeiinspektion Augsburg vor, mit dem derzeit Paten und Spender als Zeugen vernommen werden. Begründet wird dies so: „Es besteht der Verdacht, dass die von Ihnen überwiesenen Spendengelder zweckwidrig verwendet worden sind. Allem Anschein nach gibt es auch das vom BfK e.V. angegebene Waisenhaus in Thailand nicht.“ Dem Serienbrief ist ein Fragebogen beigefügt, der zum Beispiel nach der Art der Mitgliederwerbung fragt. Angeblich wurde auch Telefonakquise betrieben. Viel interessanter sind allerdings zwei andere Fragen: „Hätten Sie auch gespendet, wenn Sie gewusst hätten, dass es dieses besagte Waisenhaus in Thailand nicht gibt?“ Die Frage neun lautet: „Hätten Sie gespendet, wenn Sie gewusst hätten, dass Ihre Spende für eine Immobilie in Augsburg verwendet wird?“

Staatsanwaltschaft. Weitere Recherchen haben ergeben, dass die Ermittlungen schon sehr weit fortgeschritten sind. Aufgrund der seit einem Jahr laufenden Nachforschungen wurden bereits Hausdurchsuchungen durchgeführt und der Vorstand sitzt seit Oktober 2009 in Untersuchungshaft. Matthias Nickolai, Pressesprecher der Staatsanwaltschaft Augsburg, hat CharityWatch.de bestätigt, dass der Haftbefehl aufgrund eines Verdachtes wegen Betruges in Zusammenhang mit Untreue ausgestellt wurde. Er sprach von einem „angeblichen Waisenhaus“. Die vom Verein in Augsburg gekaufte Immobilie soll außerdem vorher dem Beschuldigten gehört haben. Damit stellt sich natürlich sofort die Frage der Angemessenheit des Kaufpreises. Den vom Vorstand angerichteten Schaden beziffert der Staatsanwalt vorsichtig auf eine halbe Million Euro.

CW-Meinung. Die von der Polizei und Staatsanwaltschaft aufgestellten Vorwürfe sprechen zwar eine klare Sprache, doch eine Vorverurteilung darf an dieser Stelle noch nicht erfolgen. Ein Urteil zu fällen ist Angelegenheit des Gerichtes, das diesen Fall in den nächsten Monaten verhandeln wird. Allerdings sollten Fördermitglieder und Paten – sofern nicht bereits geschehen – ihre Zahlungen sofort einstellen. Und natürlich stellt sich ein mal mehr die Frage, wann endlich politisch etwas zur Eindämmung des Missbrauchs bei Spendenorganisationen unternommen wird.

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