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Für eine bessere Spendenkultur
2/4/2009 von Stefan Loipfinger
Archivtext

Barmherzigkeit International

Zweifelhafte Spendensiegelvergabe in Österreich

Ein Spendengütesiegel hat amtlichen Charakter und bestätigt einem Spender die Seriosität der geprüften Organisation. Die in Österreich dafür verantwortliche Kammer der Wirtschaftstreuhänder (KWT) betont auch in den Standards für Non-Profit-Organisationen, dass die darin festgeschriebenen Ziele von staatlicher Seite unterstützt werden. Doch so weit zur Theorie. In der Praxis wird zumindest im Fall Barmherzigkeit International die Einhaltung der Kriterien nur mangelhaft überprüft. Und noch schlimmer: Auf Nachfragen mit konkreten Hinweisen wird nur völlig ausweichend geantwortet.

Hintergrund. Barmherzigkeit International ist ein 1982 in Österreich gegründeter Verein, der 2007 Einnahmen in Höhe von 1,88 Millionen Euro verbuchte. Daneben gibt es in vier weiteren Ländern Schwesterorganisationen. In Deutschland WMF Barmherzigkeit e.V., in der Schweiz Verein Barmherzigkeit, in den USA World Mercy Fund Inc. und in Irland die World Mercy Fund Ltd.. Bei allen Vereinen taucht immer wieder ein Name auf: die Deutsche Ute Harms.

Siegelkriterien. Neben formalen und organisatorischen Voraussetzungen werden Kriterien zur Werbung und Spendensammlung vorgegeben. Darüber hinaus gibt es Vorschriften zur Mittelverwendung sowie Informationspflichten. Auch wenn diese etwas dürftig sind, wird nicht einmal dieser Standard erfüllt. Konkret enthält der mit einer Seite schon allein vom Umfang her magere Rechenschaftsbericht nicht die vorgeschriebene Mindestaufgliederung, die ein „wahres Bild über die Non-Profit-Organisation“ ergeben soll.

Nachfrage KWT. Maria Theisl, Bereichsleiterin Spendengütesiegel bei der KWT, hat auf Anfrage von CharityWatch.de erklärt: „Der Jahresbericht von Barmherzigkeit International ist gemäß Kriterienkatalog für das Österreichische Spendengütesigel ausreichend und die Voraussetzungen für die Verlängerung des Spendengütesiegels sind gegeben.“ Da dies ja zumindest in Puncto Aufgliederung der Finanzen nicht der Fall ist, wurde sie noch einmal mit den eigenen Vorschriften konfrontiert. Dazu stellte sie dann aber lapidar fest: „Der Jahresbericht wurde von einem Wirtschaftstreuhänder geprüft und die Voraussetzungen für die Verlängerung des Spendengütesiegels als gegeben festgestellt. Weitere Ausführungen hierzu sind leider nicht möglich (wir müssen leider auf die bestehende Verschwiegenheitsverpflichtung der akteninternen Unterlagen verweisen).“

Nachfrage Barmherzigkeit. Auf schriftlich an Barmherzigkeit International gerichtete Fragen hat die Geschäftsführerin Elfie Rosenthal reagiert. Allerdings werden die konkreten Fragen nicht beantwortet. Ein allgemeines Statement, wonach die „Ärmsten auf der Welt“ unterstützt und Leid und Krankheit bekämpft werden, wird durch einen Hinweis auf die eigene – dürftige und teilweise veraltete - Homepage abgeschlossen. Dabei enthielten die Fragen sehr konkrete Vorwürfe. Zum Beispiel ging es um eine telefonische Auskunft von Ute Harms, wonach die Verwaltungskosten in Österreich wegen verbuchter Sachspenden optisch geringer ausfallen, obwohl sie eigentlich vergleichbar hoch wie in Deutschland wären (dazu wird CharityWatch.de demnächst noch einen Beitrag veröffentlichen). Auch die Frage nach eventuellen Zahlungen an die Schwesterorganisation in Irland – wie sie in Deutschland vorkam – blieb in der ausweichenden Antwort unkommentiert.

CW-Meinung. Die Kammer der Wirtschaftstreuhänder in Österreich vertritt 7.800 Steuerberater und Wirtschaftsprüfer sowie 2.100 Buchhalter. Sie bezeichnet sich selbst als „strenge Disziplinarhoheit“. Folglich ist es lobenswert, wenn sie gegen geringe Gebühren zusammen mit der Dachorganisation NPO Qualität in die Spenden sammelnden Organisationen in Österreich bringen will. Allerdings unabhängig von den noch längst nicht ausreichenden Kriterien sollte eine von seinem Ruf lebende Organisation aber dann wenigstens diese Minimalanforderungen überprüfen. Vielleicht fragen ja mal ein paar von der KWT streng überwachte Mitglieder, wieso die Kammer bei einem klaren Verstoß gegen geforderte öffentliche Transparenz, auf die „bestehende Verschwiegenheitsverpflichtung“ verweist? Vor allem auch deshalb, weil in Hinblick auf den Verstoß ein konkreter Verdacht für eventuell zweifelhafte Hintergründe in der ersten Anfrage an die KWT geäußert wurden.