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Für eine bessere Spendenkultur
9/13/2010 von Mia Bruckmayer
Archivtext

al omri e.V.– Kinderhilfe Palästina

Hilfe - dort wo Not existiert

Frühstück in Nuzeirat
Bild: Al Omri e.V.

Seit neun Jahren engagiert sich Al omri e.V. in der Gazastreifenregion. Transparenz in allen Projekten und die bestmögliche Verwendung der Spendengelder liegen dem Verein am Herzen. So beliefen sich die Werbe und Verwaltungskosten während der vergangenen drei Jahre auf durchschnittliche drei Prozent. Die Hauptaufgabe des Vereins besteht in der Betreuung von fünf Schulen, in denen rund 630 Schüler jeden Tag eine nahrhafte Frühstücksmahlzeit bekommen. Zudem unterstützt Al omri soziale Projekte in Kindergärten und Schulen, um die Erziehungs-, Volks- und Berufsbildung hilfsbedürftiger Kinder zu gewährleisten.

Hintergrund. Al omri ist arabisch und bedeutet „Leben“. Mit seinen Projekten lindert der Verein die Not der Kinder im Gazastreifen, einem von Gewalt, Krisen und Armut geprägten Landstrich an der Küste des Mittelmeers. Von den 1,5 Millionen Einwohnern sind drei Viertel Flüchtlinge. Kriege und Machtkämpfe kosteten viele Menschenleben. Neueste Statistiken legen schockierende Zahlen offen. 80 Prozent der Bevölkerung leben dauerhaft unter der Armutsgrenze, wobei über die Hälfte der Bevölkerung 15 Jahre und jünger ist. Engpässe in der Versorgung und eine Wirtschaft, die den Arbeitsmarkt immer wieder zusammenbrechen lässt, nehmen den Menschen die Hoffnung auf eine Besserung der Lage. Al omri versucht, die Not zu lindern und die Wirtschaft vor Ort zu stärken. Die notwendigen Waren und Lebensmittel werden zum Großteil in der Gazastreifenregion gekauft.

Entstehungsgeschichte. Im Jahre 2000 absolvierte Oliver Berthold, der zweite Vorsitzende des Vereins, seinen Zivildienst in einem Heim für schwerstbehinderte Kinder in der Nähe von Jerusalem. Dort lebt und arbeitet Susan Sheehan, eine amerikanische Schwester aus dem Orden der Vinzentinerinnen. Zu ihren Aufgaben gehört es, das Projekt von Al omri im Gazastreifen zu betreuen. Berthold begleitete die Klosterfrau bei ihren wöchentlichen Fahrten in die Dorfregionen. Der ständige Kontakt mit der Armut war für ihn einer der Auslöser Al omri zu gründen. Zusätzlich eskalierte Ende September 2000, unmittelbar vor seiner Rückkehr nach Deutschland, der Konflikt zwischen Palästinensern und Israelis. Die ohnehin schwierige wirtschaftliche Lage im Gazastreifen verschlechterte sich massiv. „Fast täglich konnten wir die Namen der Dörfer, die ich besucht hatte, im Zusammenhang mit Toten und Verletzten in den Nachrichten hören“, erzählt Berthold. Das Vordringen zu den Schulen und die Nahrungsmittelversorgung waren nicht mehr möglich. Wegen dieser Umständen gründete er am dritten Juni 2001 den Verein al omri - Kinderhilfe Palästina. Der Verein versteht sich nicht als politische oder konfessionelle Organisation. Sein Sitz ist in Hildesheim. Wer die Ziele des gemeinnützigen Vereins unterstützten möchte, kann für 45 Euro im Jahr eine Mitgliedschaft eingehen oder eine Spende überweisen. Transparenz wird groß geschrieben.

Finanzen. Der Verein hat keine Personalkosten. Im Jahr 2008 flossen 97,5 Prozent der Gesamtausgaben von 16.200 Euro in Projekte im Gazastreifen. Die Gesamteinnahmen betrugen 14.800 Euro. Der Fehlbetrag wurde mit Rücklagen ausgeglichen. Die Einnahmen setzen sich zusammen aus Spendengeldern (64 Prozent), Sammelaktionen der Kirche sowie Flohmarktaktionen (insgesamt 24 Prozent) und Mitgliedsbeiträgen (zwölf Prozent). Von den Ausgaben gingen 11.100 Euro in die Lebensmittelverteilung des Frühstücksprogramms. Das Sommerferienlager wurde mit 4.700 Euro subventioniert. Für Verwaltung und Öffentlichkeitsarbeit wurden 450 Euro ausgegeben. Dies sind 2,8 Prozent. Im Jahr 2009 betrugen die Einnahmen einschließlich Übertrag der Rücklagen 19.800 Euro. Den größten Einnahmeblock bilden die Spenden mit 14.100 Euro, gefolgt von 1.640 Euro aus den Beiträgen der 67 Mitglieder. Sammelaktionen der Kirche und Flohmarktaktionen brachten 2.200 Euro. Insgesamt betrugen die Ausgaben 12.700 Euro. Die 14.700 projektbezogenen Ausgaben stellen sich wie folgt dar: 4.300 Euro für das Sommerferienprogramm von vier Schulen, 1.400 Euro für die Renovierung von Sanitäranlagen und Spielgärten, 5.400 Euro für das Frühstücksprogramm sowie 1.100 Euro für Küchenrenovierungen und Kochgas. Der Verwaltungsaufwand belief sich 2009 auf 500 Euro oder 3.4 Prozent.

Frühstücksprojekt. Wie mit äußerst begrenzten Mitteln einiges erreichet werden kann, weiß Schwester Susan Sheehan. Seit 25 Jahren lebt und arbeitet die Amerikanerin im Nahen Osten. Die Klosterfrau begann 2001 in Zusammenarbeit mit Oliver Berthold das Frühstücksprojekt ins Leben zu rufen. An fünf Schulen um Gaza Stadt werden heute 650 Kinder jeden Tag mit einem stärkenden Frühstück grundversorgt. Für die mangelernährten Kinder ist das oft die einzige gehaltvolle Mahlzeit am Tag. Eltern schicken ihre Kinder auch wegen dieser Frühstücksspeisung in die Schule. Zusätzlich werden Spendengelder für ein Sommerferienprogramm verwendet. So dürfen die vom Krieg traumatisierten Kinder während der Sommerferien eine Zeit lang ein Kinderferienlager besuchen. Der Aufenthalt gibt den Kindern Zeit und Raum, Abstand zum Erlebten zu gewinnen und das Erfahrene im gemeinsamen Spiel aufarbeiten zu können. Immer wieder fallen Renovierungsarbeiten für Sanitäranlagen, Küchen und Spielgärten an. Alle zwei Jahre fliegen Oliver Berthold und seine Frau Maren Berthold, erste Vorsitzende von Al omri, in die Krisenregion, um sich ein Bild von dem Fortschritt des Projektes zu machen. Die Flug und Reisekosten zahlen die Berthold´s aus eigener Tasche.

Zukunftsaussichten. Der Focus wird weiterhin auf die Ernährung der Kinder und Jugendlichen gerichtet sein. Die Lebensmittelversorgung soll sich über das Frühstücksprojekt hinaus erweitern. Geplant ist eine Schulspeisung an vier Tagen in der Woche. Die Kinder erhalten dann einen Mittagstisch bestehend aus einer vollwertigen Hauptmahlzeit und einem Nachtisch (Obst und Fruchtsaft). Auch gibt es Bedarf zur Unterstützung kinderreicher Familien. Der Krieg machte viele Großfamilien obdachlos. Sie stehen vor dem Nichts. Die Hilfe für Kinder in der Gazaregion hat sich Schwester Susan zur Lebensaufgabe gemacht. In Zukunft möchte sie sich noch mehr für körperlich und seelisch verwundete Kinder einsetzen. Sie brauchen Rehabilitationshilfen wie Medikamente, Rollstühle und Gehhilfen. Die durch Krieg und jahrelange kriegsähnliche Zustände traumatisierten Kinder leiden an psychischen Störungen. Angedacht ist eine spezielle Betreuung dieser Kinder an den fünf Schulen.

CW Meinung. Nach den politischen Ereignissen der vergangenen Monate stellen sich viele Spender berechtigt die Frage: Wie kann man noch sicher sein, dass gespendete Gelder wirklich in der Gazaregion ankommen? Berthold von Al omri hat darauf Antworten: Der Verein arbeitet weder im Gazastreifen noch in Israel mit offiziellen Stellen zusammen und ist somit weitestgehend unabhängig von den politischen Entwicklungen. Die Schulen verhalten sich politisch wie konfessionell neutral und stellen deshalb für niemanden eine Bedrohung dar. Der Partner vor Ort kennt die Region. Schwester Susan lebt seit 1985 im Nahen Osten. Seit neun Jahren arbeitet sie zusammen mit ihrem Team aus katholischen Ordensbrüdern und -schwestern eng mit dem Verein zusammen. Das bedeutet kaum Verwaltungskosten, keine Personalkosten und die Stärkung der Wirtschaft vor Ort. Am Beispiel von Al omri zeigt sich wieder einmal, dass kleine Vereine durchaus Großes leisten können. Zwölf ehrenamtlich engagierte Mitglieder in Deutschland und ein starkes Team in Gaza tragen ihren Teil dazu bei, etwas mehr als nur Hoffnung in den krisengebeutelten Gazastreifen zu bringen. Denn durchschnittlich 97 Prozent der Spendengelder fließen dahin, wo die Not existiert.