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12/21/2009 von Stefan Loipfinger
Archivtext

Deutscher Tierhilfe Verband e.V.

Ermittlungen wegen möglichem Datenmissbrauch

Bild: DTV-Logo

Seit Monaten findet sich der Deutsche Tierhilfe Verband e.V. (DTV) auf der „Zu-Bearbeiten“-Liste von CharityWatch.de. Mehrfach wurde der Jahresbericht mit Finanzzahlen angefordert. Leider vergeblich. Nun spitzt sich die Situation zu. So hat die Staatsanwaltschaft Kassel Ermittlungen wegen möglichem Datenmissbrauch aufgenommen. Und der NDR berichtete in seiner Fernsehsendung „Markt“ am 14. Dezember 2009 kritisch über die Unterstützung für den Bau eines Tierheimes.

Erste Indizien. Vor einigen Monaten bekam CharityWatch.de einen Mailschriftverkehr des Vereins Aktion Tier zugespielt. Darin wird ein möglicher Datenmissbrauch des Deutschen Tierhilfe Verbandes angesprochen. Der Vereinsvorsitzende Holger Knieling berichtet an seine Kollegen von Anrufen bei Mitgliedern von Aktion Tier: „Bemerkenswert daran ist die Tatsache, dass zumindest der Eindruck erweckt wurde, dass man im Namen von uns anrufe und zudem über Mitgliederinformationen verfüge. Ob das letzten Endes zutreffend ist, kann man nicht mit letzter Sicherheit sagen, da die Informationen diesbezüglich widersprüchlich sind.“ Trotzdem hat Knieling intern schon im April 2009 angekündigt, juristische Schritte gegen den deutschen Tierhilfe Verband unternehmen zu wollen. Neben einer Unterlassungserklärung sollte auch ein Strafantrag wegen Datenmissbrauch eingeleitet werden.

Staatsanwaltschaft. Hans-Manfred Jung von der Staatsanwaltschaft Kassel wollte auf Anfrage nicht erklären, ob eine Anzeige von Aktion Tier vorliegt. Allerdings hat er bestätigt, dass Ermittlungen wegen einem möglichen Missbrauch der Mitgliedsdaten verschiedener Tierschutzorganisationen aufgenommen wurden. Es soll Versuche des Deutschen Tierhilfe Verbandes gegeben haben, Mitglieder anderer Vereine abzuwerben und in Einzelfällen hat Jung sogar von Abbuchungen von Mitgliedsbeiträgen gesprochen. Mehr konnte oder durfte er zum jetzigen Zeitpunkt nicht sagen.

Fernsehsendung. Am 14. Dezember 2009 berichtete der NDR in seiner Sendung „Markt“ kritisch über den Deutschen Tierhilfe Verband. Dabei ging es um die Unterstützung für den Bau eines Tierheimes in Osterholz-Scharmbeck. Der DTV schreibt zu diesem einzigen auf seiner Homepage genannten Projekt, dass er nationale Projekte zum Schutz der Tiere unterstützt: „Derzeit brauchen wir dringend Hilfe (Handwerker aller Art, Baustoffe, Futter etc...) für unseren Partner Tiere in Not e.V.“ Auf Nachfrage von CharityWatch.de erklärte aber der Verein Tiere in Not, dass es sich nicht um eine Partnerschaft handelt: „Der Deutsche Tierhilfe Verband hat wie viele andere eine Spende gegeben.“ 1.500 oder 1.800 Euro seien es gewesen. An den genauen Betrag konnte sich die Mitarbeiterin nicht mehr erinnern.

Ungereimtheiten. In der Satzung des Vereins ist nichts über einen gemeinnützigen Zweck zu lesen. Trotzdem erklärte eine DTV-Mitarbeiterin am Vereinstelefon, der Verein sei gemeinnützig und bei Spenden würde selbstverständlich eine Bescheinigung für die Steuer ausgestellt. Weiterhin ist in der Satzung ein Mitgliedsbeitrag von mindestens 120 Euro pro Jahr vorgegeben. In begründeten Einzelfällen kann er vom Vorstand ermäßigt werden. Auf der Homepage sind allerdings Beträge von 60, 90 und 120 Euro pro Jahr für eine Fördermitgliedschaft standardmäßig zur Auswahl angeboten. Bei der Vorstandsbesetzung schreibt die Satzung zwei Vorstände vor, die aber laut Vereinsregisterauszug derzeit nicht existieren. Nur Roland Berger ist als Verantwortlicher aufgeführt. Michael Nagel hat sein Amt schon im Juni 2009 aufgegeben.

Nachfrage. Organisatorisch ist der DTV nicht gut aufgestellt. Wegen einer Stellungnahme zu den staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen wurde am Telefon an zwei Personen verwiesen, die für den Verein Öffentlichkeitsarbeit betreiben. Michael Freitag war nicht erreichbar und Stefan Klippstein nach Aussagen seines Lebensgefährten nicht zuständig. Vom verantwortlichen Vorstand Berger ist im DTV-Büro angeblich keine Telefonnummer bekannt. Auf erneute Nachfrage erklärte eine DTV-Mitarbeiterin, dass ihnen eine solche „nicht gegeben wurde“. Man sollte sich an die beiden Mitarbeiter für Öffentlichkeitsarbeit wenden.

CW-Meinung. Der Name Deutscher Tierhilfe Verband suggeriert eine große Organisation. Dem einzigen auf der Homepage genannten Projekt ist das nicht anzusehen. Und auch wenn Ermittlungen der Staatsanwaltschaft noch keine Vorverurteilung darstellen dürfen, so mahnen sie doch in Verbindung mit der Verweigerung eines Jahresberichts und den sonstigen Ungereimtheiten zur Vorsicht.
Hinsichtlich des Datenschutzes wirft dieser Fall erneut die Frage nach ausreichenden Vorkehrungen auf. Nicht nur bei Aktion Tier, die nach Aussagen des Vorstandsvorsitzenden von den möglichen Missbräuchen des DTV betroffen ist, sollte es Zweifel geben. CharityWatch.de wurden bereits tausende Mitgliedsanträge anonym auf CD geschickt – natürlich mit Adresse, Jahresbeitrag und Bankverbindung.

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