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Für eine bessere Spendenkultur
10/26/2009 von Stefan Loipfinger
Archivtext

Bild hilft e.V. – Ein Herz für Kinder

Bild Dir (k)eine Meinung

Das Logo kennt jeder.
Die Mittelverwendung nicht.
Foto: Jubiläums-Briefmarke

Wie die Bild-Zeitung reagiert, wenn jemand auf Fragen nicht oder ausweichend antwortet, kann jeder täglich nachlesen. Dass sie selbst nicht besser ist, zeigt der hauseigene Verein „Bild hilft“ – besser bekannt unter dem Slogan „Ein Herz für Kinder“. Die Übermittlung von aussagekräftigen Finanzzahlen wurde verweigert. Fragen zur Mittelverwendung blieben mit unglaubwürdigen Begründungen unbeantwortet. So meinte Tobias Fröhlich, Kommunikationschef der Bild-Gruppe: „Für uns sind das Menschen und Schicksale, deren Intimsphäre wir schützen.“ Eigenartig, berichtet die Bild doch oft mit Foto und Namensnennung über Betroffene, denen geholfen werden soll oder geholfen wurde. CharityWatch.de hat kein Interesse an Identitäten und Adressen. Welche Projekte, eigene oder die anderer Hilfsorganisationen, in welchem Umfang finanziert wurden und wohin der Rest des eingesammelten Geldes geht, ist jedoch eine Information, die niemandem verwehrt werden darf. Die Bild-Zeitung würde für eine solche Heimlichtuerei bestimmt deutliche Worte finden.

Verein. Über 30 Jahre unterstützt „Bild hilft“ Kinder und Familien in Not. Zwei Drittel der Hilfe bleibt in Deutschland, das restliche Drittel geht an Bedürftige im Ausland. In 2006 konnten so 8,3 Millionen Euro verteilt werden, die 2007 auf fast zwölf Millionen Euro stiegen. Im vergangenen Jahr wurde dann eine neue Rekordmarke mit einem Spendenaufkommen von 16 Millionen Euro erreicht.

Spendengala. Entscheidend für den Spendenerfolg in 2008 war vor allem die große Jubiläumsgala im ZDF. Superstars wie George Clooney & Co sorgten dafür, dass allein an diesem einen Wochenende 15,44 Millionen Euro zusammen kamen. Die Differenz zu den 16 Millionen Euro Gesamteinnahmen erklärt Tobias Fröhlich als Leiter Kommunikation der Bild-Gruppe „vor allem aus den Nachläufen zur Gala“. Wenn aber von den 540.000 Euro Differenz ein Großteil noch im Nachgang an die Gala gespendet wurde, dann bleiben für die anderen Sammelaktionen der Bild-Zeitung noch vielleicht 200.000 Euro. Das ist eher unglaubwürdig, wie der Verein auf seiner Homepage schreibt: „Für Operationen werden manchmal mehrere Hunderttausend Euro benötigt. In der Bild-Zeitung werden dafür Spendenaufrufe gestartet. Ein großer Vorteil für den Verein: Die große Reichweite von Bild und die Spendenbereitschaft der Leser kann oft schnell die benötigte Summe für die Kinder einbringen.“ Beispiele für erfolgreiche Sammelaktionen - teilweise in Millionenhöhe - gibt es genug. Aufklärung in diesem Punkt wollte Fröhlich trotzdem nicht geben.

Werbeslogan. Massive Zweifel sind ebenfalls an der Werbebotschaft des Vereins angebracht: „Jeder Cent Ihrer Spende hilft – ohne Abzüge!“ Begründet wird die Aussage unter anderem damit, dass „Ein Herz für Kinder“ bei Förderprojekten „keine Personalkosten, Verwaltungskosten, Betriebskosten, Reisekosten sowie Produktions- oder Werbungskosten“ übernimmt. Fröhlich formuliert es sogar noch deutlicher: „Wir fördern ausschließlich konkrete Projekte, nie andere Vereine selbst.“ Doch schon der von CharityWatch.de vor Wochen beanstandete Verein SOS Projects widerlegt das „nie“. Denn in deren Jahresbericht tauchen erhebliche Zahlungen von Bild hilft auf, die zusammen mit anderen Zuwendungen den in den Zuschussjahren 2007 und 2008 nicht im Eigentum der Hilfsorganisation befindlichen Sonnenhof und auch diverse Kosten finanzieren. Laut Jahresbericht von SOS Projekts betrug der Bild-Zuschuss in 2007 und 2008 insgesamt 308.000 Euro!

Zinserträge. Unklar ist zudem, ob bei „Bild hilft“ Verwaltungskosten anfallen. Indirekt gibt Tobias Fröhlich solche Kosten zu, indem er anführt, dass diese neben einer Großspende von Axel Springer „auch durch anfallende Zinseinnahmen gedeckt“ werden. Diese können in der Zeit zwischen Spendensammeln und späterer Verwendung entstehen. Ob die Zinsen den Spenden zuzurechnen sind und in welcher Höhe sie anfallen, müsste durch einen genaueren Blick in die Finanzzahlen des Vereins hinterfragt werden. Dieser blieb CharityWatch.de leider verwehrt. Gleiches gilt für den Prüfbericht eines Wirtschaftsprüfers, den Charlotte Rybak, Pressereferentin bei Axel Springer in einem Telefonat als Beleg für die ordnungsgemäße Mittelverwendung ins Feld führte. Ihr Kollege Fröhlich schrieb auf Nachfrage dazu, man lege „besonderen Wert auf den vertraulichen Umgang mit diesen persönlichen Daten“. Er berief sich sogar auf den Datenschutz und „das Vertrauen, das die unterstützten Personen und Unternehmen in uns setzen“. Klärt aber immer noch nicht die Frage, ob der Wirtschaftsprüfer die Einhaltung des Werbeslogans prüft und ob er gegebenenfalls Beanstandungen vorgenommen hat.

CW-Meinung. Schon Goethe sagte: „Ein jeder kehre vor seiner Thür, und rein ist jedes Stadtquartier. Ein jeder übe sein Lektion, so wird es gut im Rathe stohn.“ Die Bild-Zeitung kehrt gerne vor fremden Türen. Auch mit Lektionen versorgt sie andere gerne. Sollte sie da nicht selbst mit gutem Beispiel voran gehen? Stattdessen legt „Bild hilft“ Handlungsweisen an den Tag, die bei anderen kritisiert werden. Würde ein Politiker oder Wirtschaftsboss durch seine Taten derartige Fragen aufwerfen und gleichzeitig nichts zur Aufklärung beitragen, säße er wohl die längste Zeit auf seinem Stuhl. Zu Recht gäbe es in der Bild-Zeitung vernichtende Schlagzeilen. Für den eigenen Verein bleibt dem Leser und Spender leider nur die Hoffnung, dass von den Vorfällen jemand aus der obersten Chefetage des dahinterstehenden Konzerns etwas hört und für eine angemessene Kommunikation sorgt. Denn es geht nicht nur um die wichtige Vereinsarbeit, sondern um Glaubwürdigkeit – die Glaubwürdigkeit der gesamten Unternehmensgruppe.