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Für eine bessere Spendenkultur
10/14/2009 von Stefan Loipfinger
Archivtext

PROVIEH – Verein gegen tierquälerische Massentierhaltung e.V.

Etwas mehr trommeln

Erfolgreiches Postkartenmotiv
Quelle: ProVieh

Der in Kiel ansässige Verein ist nach eigenen Auskünften Deutschlands ältester und größter Tierschutz-Fachverband für landwirtschaftliche Nutztiere. Wie schon der Name verkündet, kämpft ProVieh für artgerechte Haltung der Tiere und nicht für eine vegetarische oder sogar veganische Lebensweise. Diese Strategie war allerdings nicht immer so klar. Erst mit dem neuen Vorstand und dem neuen Geschäftsführer Stefan Johnigk wurde das verdeutlicht. Jetzt muss es noch eindeutiger kommuniziert werden – wie auch so manche gute Aktion. Denn gerade eine Organisation, die sich für Tierrechte einsetzt, sollte etwas lauter trommeln, um ihre Ziele gegen die kommerziellen Interessen durchsetzen zu können.

Verein. ProVieh wurde 1973 gegründet. Heute verfügt er über ein Jahresbudget von gut 300.000 Euro. Vom Finanzamt ist der Verein als gemeinnützig anerkannt und seit zehn Jahren Mitglied beim Deutschen Spendenrat. Der Jahresbericht 2008 erfüllt die Transparenzanforderungen aus der Selbstverpflichtungserklärung des Spendenrates. Er wird zum Download auf der Homepage des Vereins angeboten.

Finanzzahlen. Die Gesamteinnahmen 2008 in Höhe von 331.900 Euro stammen zu fast zwei Dritteln aus Mitgliedsbeiträgen. Weitere bedeutende Einnahmequelle waren Nachlässe und die Zinserträge aus dem Vereinsvermögen, das per Ende des vergangenen Jahres 717.800 Euro betrug. Bei den Ausgaben flossen 2008 immerhin 76.300 Euro in die Verwaltung und Geschäftsführung sowie 6.300 Euro in die Mitteleinwerbung. In Summe sind das nicht gerade günstige 26,9 Prozent. Gegenüber dem Vorjahr, in dem die Quote noch bei 38,9 Prozent lag, hat sie sich deutlich verbessert. Dies ist allerdings vor allem einer kalkulatorisch veränderten Aufteilung des Geschäftsführergehaltes geschuldet. Während 2007 nur 25 Prozent den Satzungsausgaben zugeordnet wurden, waren dies 2008 dann 70 Prozent. Der Geschäftsführer Stefan Johnigk begründet dies mit der fachlichen Neuausrichtung durch seine Person als Zoologe, während sein Vorgänger als Betriebswirt andere Schwerpunkte bei seiner Tätigkeit setzte. Ähnlich zu hinterfragten wäre sicher der voll den Satzungsausgaben zugeordnete Kostenblock für das ProVieh-Magazin. Auf die Frage, wie der Verein neue Mitglieder gewinnt, führte der Geschäftsführer das Magazin als Vehikel auf. Damit müsste aber dann ein Teil der Kosten entsprechend zugeordnet werden.

Ferkelkastration. Eines der großen Themen des Vereins war in letzter Zeit die bisher meist betäubungslos vorgenommene Kastration von Ferkeln. Durchaus progressiv wurde mit der Wortkreation „Kastratenburger“ gegen die beiden Fastfoodketten McDonald’s und Burger King Stimmung gemacht. Doch als der Erfolg vermeldet werden konnte, kassierte die Lorbeeren einfach der Deutsche Tierschutzbund. Dabei war dieser eigentlich „nur“ für eine Kastration unter Isofluranbetäubung, und nicht für eine Abschaffung. Wenn ProVieh diesen Diebstahl der Lorbeeren nicht öffentlich kritisiert, ist das die eine Sache. Für das Ziel einer Abschaffung der Kastration ist es ein Rückschlag, weil die mediale Aufmerksamkeit vom Deutschen Tierschutzbund in die falsche Richtung gelenkt wurde. Das hätte ProVieh keinesfalls dulden dürfen. Wie so oft, wurde für die Sache zu „vornehm gekämpft“.

Partnerschaften. Eine Stärkung der Tierrechte ist in Deutschland auch deshalb so schwierig, weil die einzelnen Organisationen oft aus egoistischen Gründen nicht gemeinsam an einem Strang ziehen. Das galt zum Teil ebenfalls für ProVieh. Viel zu selten wird bei Gemeinschaftsinitiativen wie der „Käfigfrei“-Kampagne mitgewirkt. Der seit gut einem Jahr im Amt befindliche Geschäftsführer Stefan Johnigk will dies in Zukunft ändern und aktiver den Kontakt zu anderen Vereinen suchen.

CW-Meinung. Gerade bei der landwirtschaftlichen Nutztierhaltung ist der Kampf um Tierrechte besonders wichtig, weil hier Kommerz auf Tierschutz trifft. Leider ist die „Gegenseite“ durch das vorhandene Geld für Lobbyarbeit bestens gerüstet. Da ist vornehme Zurückhaltung bei der Öffentlichkeitsarbeit selbst beim ältesten und größten Fachverband fehl am Platz. Nur wenn auf Missstände entsprechend deutlich hingewiesen wird, ist es möglich, die eigenen Ziele zu erreichen. Deshalb sollte ProVieh seine Strategie in diesem Punkt überdenken. Das gilt auch für die Verwaltungskosten, die eindeutig gesenkt werden müssen.