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Für eine bessere Spendenkultur
12/15/2011 von Karin Burger
Archivtext

Yorkshire-Hilfe e.V.

Tiervermittlungsportale: Nach uns die Sintflut?

Robby: Zum Sterben nach Deutschland
Bild: Karin Burger

Die Arbeit der illegal agierenden und importierenden Tierschutzorganisationen wäre ohne die virtuelle Infrastruktur der großen Tier- und Flugpatenvermittlungsportale nicht denkbar. Welche dramatischen Konsequenzen es jedoch haben kann, wenn Tierschützer ohne Sachkunde und ohne Genehmigungen mit Hilfe dieser Portale Tiere aus dem Ausland einführen, illustriert ein Fall der Yorkshire-Hilfe e. V. Der kleine Verein hatte einen an Staupe erkrankten Hund von Spanien nach Deutschland gebracht, der seine Flugreise nur wenige Wochen überlebte. Wie ernst die Internetplattformen ihre Verantwortung für die Tiere nehmen, zeigen die Reaktionen der Portale auf diesen Vorfall, denn der kleine Verein darf munter weiter dort inserieren.

Überraschungsei. Eine häufige Erfahrung von Übernehmern von Auslandshunden ist die, dass der am Flughafen oder andernorts in Empfang genommene Hund mehr oder weniger stark von der vorherigen Beschreibung abweicht. Das war auch beim Hund Robby [Name v. d. Red. geändert] der Fall. Sieben Monate alt sollte er sein. Die deutschen Tierärzte stellten dann aber neben verschiedenen Krankheiten auch noch „extremen“ Zahnstein fest. Auch das Faktum, dass der Hund seine Flugreise aus Spanien zusammen mit zwei anderen Hunden in einer Flugbox absolvieren musste, spricht nicht für einen professionellen Transport.

Rasanter Verlauf. Weder für den Besitzer noch für den Hund ist es ein guter Einstieg ins „Hundeparadies Deutschland“, wie manche Tierschützer werben, wenn beide die ersten Wochen mehrheitlich in der Tierklinik verbringen müssen. Für Robby war die Klinik dann das letzte, was er in nicht einmal drei Wochen von Deutschland sah. Er kam schon krank in Deutschland an. Zusammen mit dem Hund wurden der neuen Besitzerin Sabine D. [Name von der Red. geändert] am Flughafen diverse Medikamente und Behandlungsanweisungen ausgehändigt. Die kaputten Pfoten und Ballen des Hundes wurden von den Tierschützern mit Schäden durch das Desinfektionsmittel im Tierheim erklärt. Die deutschen Tierärzte stellten dann bei Robby neben einem Befall mit Demodex auch noch Staupe fest. Es folgte ein rasanter Krankheitsverlauf mit Husten, Koordinationsstörungen, Fieber, Zusammenbrüchen, Apathie, prämortaler Erblindung und schließlich die unausweichliche Einschläferung.

Hohe Klinikkosten. Neben all den Aufregungen und dem Kummer, welchen Sabine D. bei den verzweifelten Rettungsversuchen ihres Auslandshundes durchgemacht hat, blieb sie auch noch auf einem Berg an Kosten sitzen. Es fielen Tierarztkosten in Höhe von 1.100 Euro an. Die Yorkshire-Hilfe verlangte ursprünglich 165 Euro Schutzgebühr. Zwischensumme: 1.265 Euro. Doch damit nicht genug: Immer noch beseelt von Verständnis und guten Willen schickte Sabine D. die Transportbox mit Spenden gefüllt nach Spanien zurück. Dort aber wurde sie laut DHL nicht abgeholt und kam wieder zurück, was die Tierfreundin weitere 50 Euro kostete. Die verantwortlichen Tierschützer drückten Sabine D. zwar ihr Bedauern für den tödlichen Verlauf der Hundevermittlung aus. Eine angekündigte Rücküberweisung zumindest eines Teilbetrages ist aber nie erfolgt.

Keine Antworten. Die Reaktion ist typisch: Auf kritische Fragen wird nicht geantwortet, selbst nicht in einem solch dramatischen Fall. Schlimmer noch: Nachdem durch die CW-Presseanfrage bei Yorkshire-Hilfe e. V. offenbar war, dass Sabine D. mit ihren Erfahrungen an die Öffentlichkeit geht, wurde sie sofort von der Facebook-Seite des Vereins ausgeschlossen. Die wenigen Informationen, welche CW von den Vereinsverantwortlichen direkt erhalten konnte, stammen aus einem kurzen Telefongespräch mit der zweiten Vorsitzenden Anja Thomas, das dann von dem ersten Vorsitzenden und Ehemann Rainer Thomas rüde beendet wurde. Eine schriftliche Presseanfrage mit 15 detaillierten Punkten blieb unbeantwortet.

Typische Merkmale. Auch bei der Yorkshire-Hilfe sind es wieder bestimmte Merkmale in der Organisationsstruktur, wie sie schon für viele andere Tierschutzorganisationen auf CW dokumentiert wurden und die als Alarmzeichen zu werten sind: Der Vorstand besteht nur aus zwei Personen, nämlich dem Ehepaar Anja und Rainer Thomas. Beim Stichwort Fördermitgliedschaft setzt dieser Verein allerdings noch eins drauf: Der im Internet herunterladbare Mitgliedsantrag unterscheidet zwischen fördernden und passiven Mitgliedern. Das ist eigenartig, denn die Nachteile einer Fördermitgliedschaft liegen genau in der Passivität beziehungsweise Verweigerung üblicher Mitgliederrechte wie zum Beispiel einem Stimmrecht auf der Mitgliederversammlung. Die Satzung des Vereins, zumindest in der auf der Homepage verfügbaren Version, sieht aber gar keine Fördermitgliedschaft vor. Als begünstigte Organisation im Falle der Vereinsauflösung nennt die Satzung den Tierschutzverein Europa e. V. Dieser Tierschutzverein hat jedoch gerade erst gemäß einem Urteil des Finanzgerichts Baden-Württemberg seine Gemeinnützigkeit verloren. Und alle diese organisatorischen Merkmale, die wenig Vertrauen einflößen, sind auch für die Tier- und Flugpatenvermittlungsportale ohne großen Aufwand recherchierbar.

Keine Genehmigungen. Das für die Yorkshire-Hilfe zuständige Veterinäramt im Landkreis Kassel teilte CW mit, dass dem Verein „keine tierseuchen- oder tierschutzrechtlichen Genehmigungen“ erteilt wurden. Mehr noch: Die Verantwortlichen besitzen noch nicht einmal die Genehmigung nach Paragraf 11 Tierschutzgesetz (Sachkundenachweis). Der Verein habe zwar 2010 einen entsprechenden Antrag gestellt, diesen dann aber wieder zurückgezogen. Nach der CW-Anfrage jedoch haben die Verantwortlichen jetzt diesen Antrag neu gestellt, der aber noch nicht beschieden ist, wie das Kasseler Veterinäramt aktuell mitteilt. Der Impfausweis des eingeführten Robby nennt als Besitzer den holländischen Tierschutzverein Animal in Need. Der Abgabevertrag dagegen wurde von Yorkshire-Hilfe gemacht. Da passt das eine nicht zum anderen und die vielen offenen Fragen werden von dem Verein nicht beantwortet.

Infrastruktur. Der Verein Yorkshire-Hilfe darf seine Tiere sowohl bei Tiervermittlung.de inserieren wie auch über Flugpate.com Flugpaten suchen. Karsten Rosenlöcher von Tiervermittlung.de weist in einer Presseauskunft darauf hin, dass das Portal keine Garantie dafür geben könne, ob sich die Vereine an die allgemein gültigen Vorschriften halten. Obwohl das Portal durch CW darüber informiert wurde, dass Yorkshire-Hilfe keine Genehmigungen besitzt, darf der Verein weiterhin inserieren und bietet aktuell dort 34 Hunde an. Auf die Frage, ob die Internetplattform Tiervermittlung.de von den dort inserierenden Vereinen irgendwelche Zuwendungen, Provisionen oder sonstigen Entgelte erhalte, weist Rosenlöcher auf die Kostenfreiheit für Tierschutzinitiativen hin. Die Finanzierung erfolge ausschließlich durch Werbeeinnahmen und Anzeigengebühren.

Flugpaten.com. Immerhin werden bei Tiervermittlung.de Fragen noch beantwortet. Soweit lässt es Bettina Elze von Flugpate.com gar nicht erst kommen. Deshalb ist auch nicht in Erfahrung zu bringen, ob dieses Portal für die Vermittlung von Flugpatenschaften in die Einfuhr des Staupehundes Robby verwickelt war. Wie Rosenlöcher wurde auch Elze über die nicht vorliegenden Genehmigungen für den Auslandshundeimport von Yorkshire-Hilfe informiert. Trotzdem findet sich zum Redaktionsschluss dieses Artikels ein Flugpatengesuch des Vereins für einen Welpen aus Malaga auf Elzes Plattform. Das ist ein Paradebeispiel für beredtes Schweigen. Ob Tierschützer die notwendigen Genehmigungen besitzen oder nicht, ob sie ihre Arbeit verantwortungsvoll ausführen oder Tiere durch mangelnde Sachkunde zu Tode kommen und andere gefährdet werden, das alles scheint für diese Helfer der Illegalen keine Rolle zu spielen.

Unwahre Angaben. Auch Zergportal, ein weiteres der ganz großen Tiervermittlungsportale im Internet, hat auf dieser Seite schon einmal dokumentiert, wie ernst es seine Verantwortung nimmt. Dort durfte ein Verein mit einem verstorbenen Hund Spenden werben. Auf die Anfrage, warum dieser (tote) Hund in der Rubrik „Zuhause gefunden“ und versehen mit einem Spendenaufruf bei Zergportal geführt werde, antwortete Martina Hille nicht. Diese Ignoranz ist nicht verwunderlich, denn die Vermittlungsportale sind weder auf Spender noch auf die Öffentlichkeit angewiesen. Ihre Partner sind die Vereine und ihre Einnahmen generieren sie über Werbung. Umso mehr inserierte Hunde und Katzen, desto mehr Besucher und Klicks.

CW-Meinung. Staupe ist eine hoch ansteckende Viruserkrankung bei Hunden, die nicht selten tödlich verläuft. Nicht umsonst gehört die Impfung gegen Staupe in den regulären Impfkanon verantwortungsbewusster Hundehalter. Die Gefährdung anderer (deutscher) Hunde durch das leichtfertige Handeln von Tierschützern, welche ohne die erforderlichen Genehmigungen und ganz offensichtlich ohne Sachkunde Tiere aus anderen Ländern nach Deutschland einführen, ist mit dem Tierschutzgedanken nicht nur unvereinbar, es gefährdet Tiere. Abgesehen von diesem tierseuchenrechtlichen Gefahrenpotenzial erschüttert auch der Umgang mit den Menschen, ohne die diese Form des Tierschutzes gar nicht möglich wäre: Hundefreunden, die sich auf das Abenteuer Auslandshund wagemutig einlassen und einen hohen Preis dafür zahlen. Eine Adoptantin auf Gesamtkosten in Höhe von 1.315 Euro für einen toten Hund sitzen zu lassen, widerspricht auch der stereotyp vorgebrachten Behauptung vieler Tierschützer, es ginge bei diesen Auslandsimporten nicht ums Geschäft. Wie verschworen und vernetzt die Gemeinschaft der Auslandstierschützer ist, zeigt das ignorante Verhalten derjenigen, welche ihre virtuelle Infrastruktur leichtfertig zur Verfügung stellen. Trotz Kenntnis der fehlenden Genehmigungen darf Yorkshire-Hilfe weiterhin auf die Hilfe von Tiervermittlungsportalen zurückgreifen.

Nachtrag vom 23. Dezember 2011. Mit E-Mail vom 19. Dezember 2011 hatte Bettina Elze von flugpate.com CW davon unterrichtet, dass sie die Presseanfrage nicht erhalten habe. Das ist der Redaktion zwar unerklärlich, weil die Anfrage sowohl auf dem E-Mail- wie auf dem Postwege versandt wurde, weitere Presseanfragen am selben Tag ihre Adressaten auch erreicht haben, aber selbstverständlich ist so etwas immer einmal möglich. Deshalb hat die Redaktion den diesbezüglichen Absatz des Artikels auch sofort aus dem Netz genommen. Frau Elze wurde die Presseanfrage dann am gleichen Tag noch einmal vorgelegt. Den Erhalt hat sie der Redaktion auch bestätigt. Mit einer angemessenen Frist bis zum 22. Dezember wurde Bettina Elze von flugpate.com neuerlich Gelegenheit gegeben, zu den Fragen Stellung zu nehmen. Sie hat von dieser Gelegenheit keinen Gebrauch gemacht, womit die Aussage des ursprünglichen Absatzes bestätigt wird. Deshalb wird dieser Absatz mit Verstreichen der Fr. Elze eingeräumten Frist wieder online gestellt.

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