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Für eine bessere Spendenkultur
11/16/2011 von Karin Burger
Archivtext

ETN Europäischer Tier- und Naturschutz e. V.

Ungenehmigter Pferdetransport aus Österreich

Der ETN-Transporter in Maishofen
Bild: Karin Burger

Das Thema illegale Tiertransporte ist aktuell wie nie. Und eine so große Tierschutzorganisation wie der Europäische Tier- und Naturschutz (ETN) sollte wissen, wie Tiere vorschriftsmäßig transportiert werden müssen. Dies ganz besonders auch deshalb, weil der ETN in der Vergangenheit schon mit nicht vorschriftsmäßigen Transporten aufgefallen ist. Trotzdem fuhren die Tierschützer neun Ponys und Fohlen, welche sie auf dem Pferdemarkt im österreichischen Maishofen erworben hatten, Ende Oktober 2011 ohne die vorgeschriebene Traces-Meldung in einem 15 Stunden währenden Transport nach Hof Huppenhardt.

Selbstbezichtigung. Der ETN-Verstoß gegen geltendes EU-Recht wird vom Verein selbst zugegeben. In einer Meldung auf der ETN-Homepage unter der Überschrift „Fohlen gerettet – gegen EU-Verordnung verstoßen“ bezichtigt sich der Verein selbst. In der Meldung wird die Fohlenrettung herausgestellt. Die offensichtliche und eingestandene Ordnungswidrigkeit wird zum Hebel herabgewürdigt, mit dem „einer“ versuche, dem ETN zu schaden. Dieser „einer, der auch einmal Pferde im Namen des ETN rettete“ wird namentlich nicht benannt. Die Meldung vergisst aber zu beantworten, warum der ETN nicht einfach die vorgeschriebene Traces-Meldung abgegeben hat.

Österreicher empört. Der jährliche Fohlenmarkt im österreichischen Maishofen fällt in die Verwaltungshoheit der Bezirkshauptmannschaft Zell am See. Vergleichbar einem deutschen Landrat ist dort die Bezirkshauptfrau Hofrätin Dr. Rosemarie Drexler zuständig, die sich im Telefonat mit CharityWatch.de irritiert über das Vorgehen der deutschen Tierschützer zeigte. Sie kündigte an, Kontakt mit den deutschen Veterinärbehörden aufzunehmen. Ihre Amtstierärztin habe sie angewiesen, ein Verwaltungsstrafverfahren gegen den ETN einzuleiten.

Veterinäramt Siegburg. Nur sehr zurückhaltend zu dem Vorgang äußert sich das zuständige Veterinäramt des Rhein-Sieg-Kreises. Der Vorgang als solches wird auch hier bestätigt. Zum weiteren Vorgehen in dieser Angelegenheit werde man sich mit den österreichischen Behörden abstimmen: „Zur Zeit werden von hier die weiteren Fakten in dieser Angelegenheit ermittelt und nach Abschluss den österreichischen Behörden zur Verfügung gestellt“, erklärt Veterinär Dr. Hanns von den Driesch. Weitere Angaben könnten wegen des laufenden Verfahrens nicht erteilt werden.

Werbung beim WDR. Welche verwaltungsrechtlichen Folgen dieser Verstoß gegen die EU-Verordnung für den ETN auch immer haben wird, dem Werbeeffekt durch den Auftritt in einem Beitrag von WDR-Lokalzeit wird das keinen Abbruch tun. Der Transport war von einem Team des WDR begleitet und gefilmt worden. In dem Beitrag „Fohlenschlussverkauf“ in WDR-Lokalzeit am 3. November 2011 wurden zwar die 15 Stunden Transportzeit erwähnt, die Illegalität jedoch wird nicht thematisiert. Der gesamte Beitrag firmiert unter der Überschrift „Tierrettung“ und zeigt das Verhandlungsgeschick von Ingo Kopp, einem kleinen Mädchen für 550 Euro das Pony „Lucy“ abzukaufen. Dessen Versprechungen, welche wundervolle Zukunft dem Pony nun gewiss seien, prallen an dem kleinen Mädchen ab. Melanie erklärt rührungslos in die laufende Kamera hinein, dass sie ihr Pony alternativ sonst an den Schlachter verkauft hätte.

Pralle Unlogik. Damit die Zuschauer von Spenden nicht abgehalten werden, erklärt Ingo Kopp in dem Fernsehbeitrag, diese Tierrettung sei ein Zuschussgeschäft. Das begründet er unter anderem mit Kosten für das Impfen und Chippen. Niemandem scheint der Widerspruch dieser Argumentation aufzufallen. Denn um die Pferde überhaupt nach Deutschland einführen zu können, müssen diese schon gechippt und geimpft sein. Jede andere Interpretation würde bedeuten, dass die Tiere ohne Impfschutz und Kennzeichnung transportiert worden wären. Klären lässt sich all das auch deshalb nicht, weil der ETN keine Fragen von CW zu den Vorgängen in Maishofen beantwortet.

Tierschützerisch sinnvoll? Der Fohlenmarkt in Maishofen ist kein neues Tierschutzproblem. Die Landwirte in der österreichischen Touristenregion ziehen jedes Jahr Fohlen als Attraktion für Urlauber, die sie dann über den Winter jedoch nicht als Fresser im Stall stehen haben wollen. Und so geben sich jeden Herbst verschiedene deutsche und andere europäische Tierschutzorganisationen in Maishofen ein Stelldichein, um einen Teil dieser Fohlen freizukaufen und so vor dem Schlachter zu bewahren. Die Landwirte freut es, denn die Konkurrenz zwischen Schlachtern und Tierschutz befruchtet die Preise. Und nächstes Jahr geht das Spiel von vorne los.

CW-Meinung. Die mangelnde Sensibilität einer so großen Tierschutzorganisation wie dem ETN gegenüber den formalrechtlichen Anforderungen an Tiertransporte irritiert. Kaum ein anderes Tierschutzthema steht derzeit so im Fokus der Kritik wie die Tierimporte. Als Großorganisation kommt dem ETN hier Vorbildfunktion zu. Auch ist es keineswegs so, dass eine korrekte Fohleneinfuhr die Rettung als solche in irgendeiner Weise behindert oder in Frage gestellt hätte. Die dazu veröffentlichte Meldung auf der ETN-Homepage macht den ganzen Vorgang nur noch schlimmer, wenn das eigene Versagen anderen als bewusste Schädigung des Vereins angekreidet wird. Und das der ETN-News angehängte Postskriptum ist ein mittlerer Offenbarungseid, dokumentiert es durch die Etikettierung der ETN-Tiereinfuhren als „nicht gewerblich“ die Unkenntnis der für Nordrhein-Westfalen geltenden tierseuchen- und tierschutzrechtlichen Bestimmungen des Landesamts für Verbraucherschutz.