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Für eine bessere Spendenkultur
8/30/2011 von Karin Burger
Archivtext

Stray einsame Vierbeiner e. V.

Einfuhr gehandicapter Hunde

Hund im Rollwagen
© Carola Schubbel - Fotolia.com

Sie heißen Bella, Mercy, Demi, Princess, Froixos, Dara oder anders. Sie kommen aus Griechenland oder sogar Ägypten. Viele von diesen Hunden sind gelähmt oder anderweitig schwer gehandicapt und werden so nach Deutschland transportiert. Erschütternd viele dieser von der Tierschutzorganisation Stray einsame Vierbeiner e. V. „geretteten“ Tiere sterben dann nach vielen Spendenaufrufen und Operationen. Die Schilderungen ihrer Zeit zwischen Ankunft in Deutschland und erlösendem Tod sind detaillierte Beschreibungen von Operationen, Schmerzen, Leiden und Tod. Zeitgleich müssen die Pflegestellen dieses Vereins die Futterkosten tragen. Bei den Abgabeverträgen erfolgt ein lebenslanger Eigentumsvorbehalt. Und Finanzzahlen gibt der Verein nicht bekannt.

Hündin Mercy. Stellvertretend für die eindrücklichen Leidensgeschichten vieler Hunde dieses Vereins sei hier kurz der Verlauf der so genannten Rettung der Hündin Mercy skizziert. Im August 2010 wurde die Hündin, die nach einem Verkehrsunfall gelähmt von einem Tierheim in Kairo aufgenommen worden war, mit Spendenaufrufen für Flug und Operationen nach Deutschland verbracht. Hier angekommen kam sie sofort in die Tierarztpraxis Rosenhof und wurde operiert. Ende November wechselte die Hündin auf einen Pflegeplatz. Der Verein rief weiter zu Patenschaften und Spenden auf. Im April 2011 wird der Hündin ein Bein abgenommen. Im Mai berichtet der Verein, dass es immer noch keinen Endplatz gäbe. Einen Monat später wird Mercy auf einen Gnadenhof nach Bayern verbracht, wo sie einige Tage in einem Zwinger leben muss. Ende Juni kommt sie dann auf einen anderen Gnadenhof. Dort habe ein weiterer Tierarzt einen verheerenden Pflege- und Gesundheitszustand bei Mercy festgestellt: Tatsächlich sei die Hündin über zehn Jahre alt, schwer verkrebst, habe eine abgeknickte Wirbelsäule, ein vergrößertes Herz, einen Beckenbruch und ein ausgekugeltes Bein. Anfang Juli 2011 wird die Hündin eingeschläfert.

Verschwiegener Tierarzt. Der zunächst die Hündin Mercy behandelnde Tierarzt Ralf Schweda untersagt CharityWatch.de unter Hinweis auf seine Schweigepflicht, jegliche Aussagen seiner Person zu diesem Fall zu veröffentlichen. Allerdings war er für die Amputation und weitere Behandlung auch nicht mehr verantwortlich, da die Hündin aus seiner Praxis schon Ende September 2010 als austherapiert und als aussichtsloser Fall entlassen wurde. Die Amputation könne er nicht gutheißen.

Andere Darstellung. Solche tragischen Verläufe von Rettungsaktionen sind beim Verein Stray einsame Vierbeiner kein Einzelfall. Die erste Vorsitzende von Stray, Petra Mohnes, erklärt in einer schriftlichen Presseauskunft gegenüber CharityWatch.de zu der ägyptischen Hündin, „dass das Schicksal von Mercy überaus traurig ist“. Den Rettungsversuch rechtfertigt der Vorstand mit Verweis auf die erfolgreich verlaufene Rettung des Hundes Agapios. Zu der langen tierärztlichen Liste von schweren Erkrankungen vor der Einschläferung von Mercy erklären sich die Vereinsverantwortlichen mehr als dürftig und nur mit Bezug auf die Krebserkrankung: „Wir wissen nicht, weshalb der Krebs, zumindest bei der Kastration, nicht erkannt wurde.“

Neue Erkenntnis? Was eigentlich Voraussetzung für professionelle Tierschutzarbeit sein sollte, erklärt die Stray-Vorsitzende als laufenden Erkenntnisprozess: „ […] denn leider müssen auch wir die traurigen Erfahrungen machen, dass man auch beim besten Willen nicht jedem armen Hund helfen kann.“ Überhaupt scheinen diese Tierschützer das Rad in ihrer Branche erst neu erfinden zu müssen: „Leider haben wir eben die Erfahrung machen müssen, dass es eher die Ausnahme ist, einem gelähmten Hund helfen zu können und dass auch gute Plätze für Rolli-Hunde kaum zu finden sind.“ Aber selbst darüber scheint im Vorstand nach all den erschreckenden Leidensgeschichten kein Konsens zu bestehen, denn zeitgleich erklärt die zweite Vorsitzende Claudia Ebert: „Wir halten es für einen unerträglichen Zynismus, einem gehandicapten oder in die Jahre gekommenen Hund das Recht auf ein lebenswertes Leben abzusprechen.“

Legale Einfuhr. Formaljuristisch lässt sich diesem Verein hinsichtlich der Einfuhren kein Vorwurf machen. Eine Paragraf-11-Genehmigung liegt vor. Das zuständige Veterinäramt im Kreis Mettmann weiß über die Importe Bescheid und bestätigt, dass ordnungsgemäß TRACES-Meldungen abgesetzt werden. Wie unter dieser Voraussetzung die Einfuhr der schwer verletzten Hündin Mercy aus einem nicht gelisteten Drittland möglich war, ließ sich aber nicht klären. Amtstierarzt Dr. Norbert Kruse erklärt auf den Hinweis der großen Anzahl gelähmter und gehandicapter Hunde, diese würden von dem Verein in Deutschland ja in tierärztliche Behandlung überführt.

Problematische Verträge. Ein weiteres Kriterium für die Seriosität eines Tierschutzvereins stellt sich leider negativ dar: In den Pflegeverträgen werden den Pflegefamilien die gesamten Futterkosten aufgebürdet. Mohnes relativiert diese einzige verbindliche, weil vertragliche Regelung damit, dass der Verein „in vielen Fällen“ Futter zur Verfügung stelle oder Kosten erstatte. Weiter erklärt sie: „Außerdem sehen wir keinen Zusammenhang zwischen der Schutzgebühr und den Futterkosten, die die Pflegestelle aufbringt.“ Auch dass der Pflegevertrag für Tierarztkosten das vorherige schriftliche Einverständnis des Vorstands notwendig macht, wird von den Verantwortlichen als ein Instrument der Kostenkontrolle relativiert. Den lebenslangen Eigentumsvorbehalt im Tierabgabevertrag deklariert Mohnes als „reine Vorsichtsmaßnahme“. Adoptanten von Hunden dieses Vereins müssen aber insgesamt etwa 370 Euro bezahlen. Trotzdem erwerben sie keine Eigentumsrechte an dem Hund.

Doggenfreunde empört. Seit Mai 2010 sammelt der Verein Spenden für den am 27. August 2011 aus Athen eingeführten Doggenrüden Maylo. Mit dem Hinweis auf eine eigens anzufertigende Transportbox wurde mit Flugkosten in Höhe von 1.500 Euro „geworben“. Schon letztes Jahr hatten deutsche Doggenfreunde dem Verein einen Platz für den Hund angeboten, was aber ausgeschlagen wurde. Im Sommer 2011 gingen erneut Spendenaufrufe für Maylo durch die Foren und Verteiler. Deutsche Doggenfreunde in Athen nahmen Kontakt mit Stray auf, um Maylo vor Ort besuchen und besichtigen zu können. Das wurde von den Tierschützern vereitelt. Am Telefon erklärte Claudia Ebert gegenüber CW, der von den Doggenleuten gewählte Ton und die Art der Kontaktaufnahme seien für den Verein nicht akzeptabel gewesen. Wie seriös die Auskünfte des Vorstands zum Fall Maylo sind, belegt folgende Angabe von Petra Mohnes drei Tage vor der Ankunft des Rüden in Frankfurt: Nachdem jetzt alle Infos veröffentlich seien, „besteht für die Leser unserer HP keine Veranlassung mehr […], weitere Spenden für Maylos Ausreise zu überweisen“. Der Hinweis auf die Leser „unserer HP“ ist dabei sehr geschickt, denn bis zum Redaktionsschluss stehen die Spendenaufrufe für den Doggenrüden weiterhin auf der Website der Tierfreunde Niederbayern e. V. sowie im Molosserforum. Aktuelle Bilder von der Ankunft des Hundes machen Doggenexperten besorgt: Der 70 Kilo schwere Rüde kann hinten kaum stehen.

CW-Meinung. Das Profil des Vereins Stray einsame Vierbeiner e. V. zeigt in aller Deutlichkeit, dass die Paragraph-11-Genehmigung und Traces-Meldungen allein noch keinen professionellen, ethisch verantwortlich durchgeführten Auslandstierschutz ausmachen. Wer sich von den Spendern und den Hunden die eigentlich vorauszusetzende Erkenntnis, nicht allen Tieren helfen zu können, finanzieren lässt, bringt weder die nötige Professionalität noch das erforderliche Realitätsbewusstsein für die schwierigen Herausforderungen des Auslandstierschutzes mit. Was dieser Verein gelähmten Hunden zumutet, bewerten viele Tierfreunde als Tierquälerei. Das schiefe Bild wird ergänzt durch den Fall Maylo, der im Taktieren des Vereins und den widerlegbaren Auskünften eine deutliche Sprache spricht. Hinzu kommen die fragwürdigen Verträge. Ein lebenslanger Eigentumsvorbehalt wird beispielsweise in juristischen Stellungnahmen zu Tierabgabeverträgen als rechtswidrig bezeichnet. Potenzielle Adoptanten sollten sich gut überlegen, ob sie rund 370 Euro für einen Hund bezahlen möchten, der ihnen nie gehören wird. Dass Stray seine Zahlen nicht offen legt, überrascht wenig. Die Abgabepreise sind horrend, die Futterkosten müssen von den Pflegestellen getragen werden, für Operationen und aufwendige tierärztliche Maßnahmen werden mit erschütternden Geschichten massiv Spenden eingeworben. Spender sollten sich fragen ob diese Art von Tierschutzarbeit unterstützenswert ist.

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