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Für eine bessere Spendenkultur
6/3/2011 von Karin Burger
Archivtext

Tierschutzverein Duisburg e. V.

Welpenhandel mit Tierschützerduldung

Geduldeter Welpenhandel
© Photosani - Fotolia.com

Norbert Zajac betreibt in Duisburg das weltweit größte Zoogeschäft. Gegen seine Pläne, demnächst auch Hunde und insbesondere Welpen zu verkaufen, laufen die Tierschützer seit Monaten Sturm. Die großen Tierschutzorganisationen haben dazu jeweils eigene Protestaktionen initiiert, offene Briefe, Pressemitteilungen und Stellungnahmen veröffentlicht. Einzelne Tierschützer vor Ort sind im Gespräch mit dem Zoohändler über die Einzelheiten von Unterbringung und Verkauf. Regelmäßig wird vor dem Zoogeschäft gegen den Welpenverkauf demonstriert. Bisher wähnten sich die Tierschützer in ihren Reihen geschlossen. Bundesweite Empörung ruft deshalb das Auftreten des Tierschutzvereins Duisburg hervor, der samstags auf dem Gelände des Zoogeschäfts mit Erlaubnis von Nobert Zajac einen Infostand betreibt und Tombola-Lose verkauft. Ungehemmt sprechen sich die Aktiven des Vereins für den Welpenverkauf bei Zajac aus.

Kein Veto. Ernst-Joachim Saalfeld, der erste Vorsitzende des Tierschutzvereins Duisburg, macht aus seiner Einstellung kein Geheimnis: „An sich sind wir natürlich gegen den Welpenverkauf. Aber nicht so, wie er bei Zajac geplant ist.“ Er verweist auf die vorliegenden Genehmigungen der Ämter und Behörden und sieht auch deshalb keine Veranlassung, das Vorhaben zu kritisieren. Das Tierschützer-Argument, die eventuell dort leichtfertig verkauften Hunde würden später dann in den Tierheimen landen, will Saalfeld nicht gelten lassen: „Bei einem Preis von 600 Euro pro Hund schieben die Leute den doch später nicht ins Tierheim ab.“

Die bundesweite Tierschützer-Empörung gegen diese Haltung ist ihm nicht verborgen geblieben. Er kommentiert die Kritik bodenständig: „Das ist mir scheißegal, was die Leute sagen!“ Das Gerücht allerdings, der Tierschutzverein Duisburg habe von Norbert Zajac eine größere Spende erhalten, weist der erste Vorsitzende entschieden zurück.

Ausblutend. Saalfeld rechtfertigt das Vorgehen des Vereins auch mit den wirtschaftlichen Sachzwängen. Immer weniger Mitglieder, immer weniger Spenden: „Die klassischen Tierschutzvereine bluten doch aus!“ Da müsse man sehen, wo man bleibt. Der Loseverkauf vor Zoo Zajac sei einträglich. Und schließlich präsentiere sich der Verein nicht nur dort. Über Pfingsten etwa werden er und sein Team im Duisburger Zoo Lose verkaufen.

Damit zeigt der Verein an all den Orten, die klassischerweise von Tierschützern kritisiert werden, mehr Präsenz als etwa im Internet. Von dem hält Saalfeld gar nichts: „Kostet nur und bringt nichts.“ Deshalb hat der Verein auch weder eine Internetpräsenz noch ist er über E-Mail zu erreichen. Zwar gibt es noch eine alte Website, die allerdings wurde 2008 zuletzt aktualisiert, ist keine autorisierte Version mehr und nennt auch ungültige Kontaktdaten.

Apel-Angebot. Der Tierschutzverein Duisburg ist Mitglied im Deutschen Tierschutzbund e. V., der sich zum Vorhaben vom Zoo Zajac mit einer Pressemitteilung im März 2011 kritisch geäußert hatte. Amüsiert kolportiert Saalfeld im Gespräch mit CharityWatch.de, wie ihn der Präsident des Deutschen Tierschutzbundes, Wolfgang Apel, „ganz entsetzt“ angerufen habe. Apel habe versucht, ihn von seiner Position abzubringen und ihm dafür auch eine Belohnung in Aussicht gestellt: „Kannst du das nicht sein lassen? Ich gebe dir auch was dafür.“ Doch Saalfeld zeigt sich unbeeinflussbar und hält an seinem Vorgehen fest. Übrigens wird der Tierschutzverein Duisburg e. V. noch nicht einmal in der Datenbank des Deutschen Tierschutzbundes mit validen Daten geführt: Auch dort ist immer noch die obsolete Website verlinkt, eine nicht bestehende E-Mail-Adresse genannt und unter der angegebenen Telefonnummer hört man nur die bekannte Ansage: „Kein Anschluss unter dieser Nummer.“

Keine Protestgelder. Die verschiedenen Akteure vor dem Zajac-Zoogeschäft scheinen unbeeinflussbarer zu sein, als es die Gerüchteküche wissen will. Saalfeld nimmt kein Angebot von Wolfgang Apel an, sich für sein Verschwinden dort belohnen zu lassen. Dafür will er wissen, dass die Demonstranten der großen Tierschutzorganisation PETA für ihre Präsenz ein weit über diskutierten Mindestlöhnen liegendes Stundenentgeld erhielten. CharityWatch.de hat dazu eine Presseanfrage an PETA gerichtet und um Stellungnahme zu diesem Vorwurf gebeten. Keine Antwort. Erst auf telefonische Anfrage direkt bei Dr. Edmund Haferbeck, wissenschaftlicher Berater von PETA Deutschland e. V., ist eine indirekte Antwort zu bekommen: Dieser Vorwurf, Anti-Zoo-Zajac-Demonstranten würden bezahlt, sei so ungeheuerlich, dass PETA es nicht für notwendig erachte, auf so eine Presseanfrage überhaupt zu reagieren.

CW-Meinung. Dass die klassischen „kleinen“ Tierschutzvereine in der Region mitten im Überlebenskampf stehen, ihnen die langjährigen Mitglieder wegsterben, aber kaum neue hinzukommen, ist ein bundesweit festzustellendes Phänomen. Aufgrund dieses Sachzwangs jedoch opportunistisch gegen alle tierschützerischen Grundsätze zu agieren, aus dem solidarischen Reihen auszuscheren und damit ein aus tierschützerischer Sicht nicht akzeptables Geschäftsmodell gutzuheißen, ist nicht zu rechtfertigen. Der Tierschutzverein Duisburg verliert aber auch in anderer Hinsicht den Anschluss an die Gegenwart, denn wer seinen Verein und sein Anliegen nicht im Internet präsentiert, wird kaum noch wahrgenommen. Überdies zeigt die Argumentation des ersten Vorsitzenden Saalfeld, dass er mit den Gegebenheiten im Tierschutzalltag nicht vertraut ist. Die Notorganisationen für Rassehunde könnten ihm sonst sehr schnell darlegen, dass ein hoher Welpen-Kaufpreis mitnichten vor der Abschiebung ins Tierheim schützt. Selbst so hochpreisige Rassen wie Deutsche Doggen mit Welpenpreisen um die 2.000 Euro werden regelmäßig an Tierheime und Notorganisationen abgeschoben. Spenden an den Tierschutzverein Duisburg sollte man sich gut überlegen.

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