Thursday, 4/25/2024 Home Suche nach Organisation Datenschutz Impressum
Für eine bessere Spendenkultur
5/23/2011 von Karin Burger
Archivtext

Kreistierschutzverein Zwiesel-Regen-Viechtach e. V.

Von rauem Sturm auf neue Wege getrieben?

REX hofft auf baldige Verbesserungen
Bild: Sabine Macht

Der Kreistierschutzveren Zwiesel-Regen-Viechtach e. V. ist durch einen offenen Brief von Tierheimkritikern in die Schlagzeilen und die öffentliche Diskussion geraten. Die Fronten zwischen Vereinsvorstand und Kritikern sind verhärtet, eine zeitnahe Lösung ist nicht in Sicht. Die Kommunikation mit den Verantwortlichen gestaltet sich schwierig und ist nur über anwaltliche Vermittlung möglich. Das Veterinäramt kontrolliert das Tierheim regelmäßig und versucht im konstruktiven Dialog Verbesserungen zu erreichen. Die Anwältin des Vereins will sich jetzt für Veränderungen einsetzen.

Ausgangssituation. Das Problemprofil des Vereins fällt nicht aus dem Rahmen: Tierschutz im ländlichen Raum in einem Tierheim alter Bausubstanz mit der Aufgabe der Fundtierverwaltung. Geführt wird der Verein seit rund 30 Jahren von der ersten Vorsitzenden Ingrid Hartmann, die inzwischen über 70 Jahre alt und an Parkinson erkrankt ist. Neben dem Vereinsvorsitz ist Ingrid Hartmann auch noch Tierheimleiterin, obwohl sie aus gesundheitlichen Gründen nur noch eingeschränkt im Tierheim präsent sein kann. Ihr zur Seite steht der zweite Vorsitzende Johannes Molitor.

Finanzlage. Mit Einnahmen im knapp sechsstelligen Bereich ist die Finanzsituation für den Verein mit rund 400 Mitgliedern nicht außergewöhnlich knapp, aber auch nicht gerade üppig. Der Betrieb des Tierheims Pometsauer Mühle frisst allein über die Personalkosten schon wieder die Hälfte davon auf. Vorsitzende Ingrid Hartmann bezieht aber für ihre Arbeit als Tierheimleiterin kein Gehalt. Die Strukturen des Vereins sind vollkommen verkrustet. Seit vielen Jahren üben Vereinsmitglieder, ehrenamtliche Helfer und Tierfreunde Kritik an den Zuständen im Tierheim Pometsauer Mühle. Geändert hatte sich nichts.

Offener Brief. Im April 2011 eskalierte der Streit. Eine Aktionsgemeinschaft Tierfreunde Landkreis Regen fasste in einem offenen Brief an den Vereinsvorstand die Kritik und die aus Sicht der Unterzeichner bestehenden Missstände zusammen. Besonderes Gewicht erhielt das offizielle Schreiben, das auch an das Veterinäramt, das Regierungspräsidium, das Ministerium und sämtliche Bürgermeister des Kreises sowie an die Presse verschickt worden war, durch 30 Mitunterzeichner. Die Kritik ist schwerwiegend: Vereinsausschlüsse und Hausverbote für Mitglieder und Helfer seien fadenscheinig begründet worden, die hygienischen und tierschutzrechtlichen Vorschriften würden nicht erfüllt, Hunde würden nicht vermittelt, kranke Tiere nicht behandelt, die Tiere wären ungepflegt und verwahrlost. Sachspenden und Hilfsangebote zum Beispiel der Kommunen würden vom Vorstand nicht angenommen beziehungsweise nicht genutzt. Unter Würdigung der besonderen Verdienste von Ingrid Hartmann für die Vergangenheit appellierten die Unterzeichner an die erste Vorsitzende, den Vorstandssessel freizugeben.

Beredtes Hundevotum. Zu den kritisierten Missständen im Tierheim gibt es über den offenen Brief hinaus jede Menge Aussagen und Schilderungen von Helfern, die sich hoch engagiert im Tierheim eingebracht hatten. Das ging in der Vergangenheit jeweils so lange gut, bis sie ihre Kritik offen vortrugen. Dem folgten in allen Fällen ein durch den Vorstand verhängtes Hausverbot im Tierheim sowie der Ausschluss aus dem Verein. Weit beredter noch legen die Betroffenen, die Tiere im Tierheim Pometsauer Mühle, Zeugnis ab: Mehrere, teilweise schon lange im Tierheim befindliche Hunde weigerten sich nach Rückkehr von einem Spaziergang, ihren Zwinger wieder zu betreten. Diese Tatsache wird vom Vorstand in einem Schriftwechsel mit den Kritikern auch nicht geleugnet. Die Konsequenz für die betroffenen Hunde: Sie wurden nicht mehr zu Spaziergängen herausgegeben. Selbst von der Sprecherin des Vorstands wird die Tatsache eingeräumt, dass der Pflegezustand der Tiere in der Vergangenheit nicht optimal gewesen sei. Statt regulärer Fellpflege bei den Hunden etwa standen bisher im Tierheim Pometsauer Mühle zweimal jährlich Scheraktionen an, bei denen die Hunde sediert und dann abgeschoren wurden.

Auflagen Veterinäramt. Die Kritik am Tierheim, dessen Führung und den Zuständen dort besteht seit Jahren. Entscheidende Veränderungen konnten bisher nicht erreicht werden. Das Veterinäramt des Landkreises Regen, das zunächst jede Auskunft verweigert hatte, antwortete schließlich doch auf Fragen. In der Stellungnahme wird auf regelmäßige Kontrollen verwiesen: „Je nach Art und Umfang der festgestellten Mängel ergeht auch eine schriftliche Mitteilung, was bei den letzten drei Kontrollen der Fall war.“ Das bedeutet: Die zuständige Behörde hat Mängel festgestellt. Zu den angemahnten Mängeln etwa gehört das Phänomen, dass jahrelang im Tierheim kein Tierbestandsbuch geführt wurde. Das soll sich inzwischen geändert haben; jetzt führt man drei. Als Zukunftsperspektive skizziert die Stellungnahme der Fachbehörde: „Notwendige Verbesserungen im Bereich der Tierhaltung, des Managements und der Dokumentation wurden bisher im Rahmen des konstruktiven Dialogs und von konkreten Anordnungen erreicht und sind auch weiterhin Gegenstand unserer Arbeit.“ Das ist eine für ein Veterinäramt schon sehr klare Ansage, der zu entnehmen ist, dass es jetzt nicht mehr beim vorherigen Zustand bleiben wird, das Tierheim momentan der permanenten Kontrolle unterliegt und Veränderungen auch im Rahmen von konkreten Anordnungen zustande kommen.

Restriktives Instrumentarium. Seit dem offenen Brief am 16. April 2011 ist viel passiert. Zunächst jedoch griff der Vorstand wieder in die Kiste des für ihn offensichtlich bewährten restriktiven Instrumentariums. Hatte man sich schon in der Vergangenheit lästiger Kritiker und hoch engagierter Helfer durch Vereinsausschlüsse und Hausverbote entledigt, kamen diese Maßnahmen erneut zum Zuge und wurden noch ergänzt durch reihenweise verschickte Unterlassungsverpflichtungserklärungen an die Unterzeichner des Briefs. Als exotischer Höhepunkt der absoluten Abschottung des Tierheims wurde ein generelles Fotografierverbot aller Tierheimtiere verhängt. Unter Verweis auf die strafrechtliche Verfolgung jeder Zuwiderhandlung, auch auf der Internetpräsenz des Vereins veröffentlicht, ist sogar das Ablichten der Tiere außerhalb des Tierheimgeländes verboten.

Fatales Krisenmanagement. Die erste Reaktionsphase der Vereinsverantwortlichen auf die öffentlich gemachte Kritik bestand in aggressiver Gegenwehr. Auch der Dachverband des Vereins, der Deutsche Tierschutzbund (DTSB), erwies sich dabei nicht als kommunikativ oder ausgleichend wirksam. Presseanfragen etwa wurden nicht beantwortet. Abschottung auch hier. Dabei war der DTSB durchaus tätig und schickte über den Landesverband Bayern eine Expertin zur Besichtigung ins Tierheim. Der Besuch dieser Praktikerin hat weitreichende und positive Effekte bei den Verantwortlichen ausgelöst. Umso unverständlicher muss es bleiben, dass der Dachverband solche wirkungsvollen Interventionen und Hilfestellungen nicht nach außen kommuniziert, um dadurch zum Beispiel die Kritiker vor Ort etwas zu beruhigen.

Die Wende? Wie vehement man die Offener-Brief-Schreiber auch immer kritisiert und jetzt formaljuristisch verfolgt, es ist eindeutig, dass es ihr Verdienst ist, im Tierheim des Landkreises Regen unter Umständen eine Wende herbeigeführt zu haben. Denn unter dem enormen öffentlichen Druck sowie unter der Beratung der Tierheim-Expertin des Landesverbandes Bayern kommt es seitens der Verantwortlichen jetzt zu ganz neuen Signalen. Diese Signale sendet vor allem die Rechtsanwältin Jutta Zemke aus, beauftragte Sprecherin und für CW einzige Kontaktperson zum Vorstand. Ehrlich räumt sie ein: „Wir haben Neuerungen verpasst. Jetzt müssen wir umsetzen, was schon vor fünf Jahren hätte umgesetzt werden müssen.“ An vielen Beispielen illustriert sie den eingesetzten Umdenkungsprozess. Und das betrifft sowohl die bauliche Situation des Tierheims wie auch Organisation und Management und, das wird die Kommunen weniger erfreuen, auch das einzufordernde Entgelt für die Fundtierverwaltung. Dass der konstruktive Wandel gleichzeitig einen entscheidenden Wechsel im Vorstand als Signal an die vielen Tierfreunde, Helfer und Engagierten im Landkreis benötigt, räumt Zemke zwar ein. Ob sich dieser Wechsel jedoch vollzieht, bleibt weiter fraglich. Dabei eröffnen sich zu dieser Frage durchaus Optionen, denn es gibt starke Hinweise darauf, dass zur letzten Mitgliederversammlung nicht formgerecht geladen wurde und diese mithin ungültig ist.

Kaum Transparenz. Der amtierende Vereinsvorstand ist mit der aktuellen Situation ganz offensichtlich überfordert. Die erste Vorsitzende Ingrid Hartmann spricht gar nicht mit der Presse. Der zweite Vorsitzende, Johannes Molitor, verwies gegenüber CW auf die Anwältin des Vereins, die aber zu Detailabläufen im Tierheim gar keine Auskunft geben kann. Ein ausführlicher Geschäftsbericht wurde nicht vorgelegt. Wohl aber erhielt CW eine grobe Übersicht über Ausgaben und Einnahmen im Jahre 2010, allerdings mit Stand vom 20. November 2010, so dass diese Zahlen das Geschäftsjahr 2010 nicht vollständig abbilden. Gerade um die Weihnachtszeit herum gehen aber in der Regel noch einige Spenden ein. In den größeren Posten ist dieses Zahlenwerk plausibel.

CW-Meinung. Der Kreistierschutzverein Zwiesel-Regen-Viechtach e. V. befindet sich tief in der Krise. Die Strukturen, welche dafür verantwortlich sind, bestehen seit langer Zeit. Verschiedene Personen haben laut oder leise über Jahre hinweg versucht, an diesen Strukturen etwas zu ändern. Es ist ihnen nicht gelungen. Durch den offenen Brief der Aktionsgemeinschaft Tierfreunde Landkreis Regen ist das Problem jetzt öffentlich. Zarte Signale aus Richtung der Verantwortlichen deuten möglicherweise einen Wandel an. Veränderungen sind ganz dringend notwendig im Tierheim selbst, aber auch hinsichtlich des Zugangs der Öffentlichkeit zum Tierheim sowie im Umgang des Vorstands mit Mitgliedern, Helfern und Interessierten. Auch bei den Vermittlungsaktivitäten muss deutlich mehr geschehen. Bisher werden die zur Vermittlung stehenden Tiere des Tierheims nicht einmal im Internet angemessen vorgestellt. Zum aktuellen Zeitpunkt kann man zu Spenden für diesen Verein nicht raten. Das ändert sich in dem Moment, in den die Verantwortlichen klar, verbindlich und dauerhaft Reformen einleiten. CharityWatch.de wird in einem halben Jahr darüber berichten, inwieweit aus zarten Absichtserklärungen im Mai 2011 handfeste Verbesserungen für die Tiere erwachsen sind.