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Für eine bessere Spendenkultur
12/29/2009 von Stefan Loipfinger
Archivtext

Vier Pfoten – Stiftung für Tierschutz

Spendenratsmitgliedschaft ist kein Qualitätssiegel

Verschiedene Spendenmailings von Vier Pfoten
Bild: Susanna Berndt

Als Mitglied im Deutschen Spendenrat hat sich die Stiftung Vier Pfoten zu einem Mindestmaß an Transparenz verpflichtet. Gelebt wird nicht einmal dieses. Auf Nachfrage war die für das Fundraisng zuständige Gitta Roselius nicht bereit, Informationen gemäß Selbstverpflichtungserklärung zu liefern. Die mangelnde Auskunftsbereitschaft änderte sich erst nach einer Beschwerde beim Deutschen Spendenrat. Ein Blick auf die Zahlen offenbart, warum die Auskunft anfangs verweigert wurde: Zu wenig Geld für „Kampagnen und Projekte“ und zu viel Geld für das Fundraisingunternehmen SAZ aus St. Gallen.

Organisation. Hauptsitz der 1988 gegründeten internationalen Tierschutzorganisation ist Wien. Vier Pfoten setzt sich mit Projekten, Kampagnen, Informations- und Lobbyarbeit für den Schutz der Tiere ein. In Deutschland ist der Verein seit 1994 aktiv. 2008 nahm die von Helmut Dungler als Präsident geführte Stiftung über acht Millionen Euro ein. Im Vorjahr waren es 7,2 Millionen Euro. Ein erheblicher Anteil fließt an das Fundraisingunternehmen SAZ, dem die vollständige Spendenverwaltung sowie alle mit den Mailings verbundenen Arbeiten obliegt.

Spendenaufrufe. Vier Pfoten lässt von der SAZ St. Gallen beziehungsweise seiner deutschen Niederlassung in Garbsen massenweise Spendenbriefe verschicken. CharityWatch.de liegt ein ganzer Stapel davon vor. Vielen der Briefe sind kleinere Geschenke beigelegt, um neben dem Mitleid auch das schlechte Gewissen zu wecken. Die Anschreiben wurden prinzipiell nach dem gleichen Schema verfasst: Ein schrecklicher Fall macht auf einen Missstand aufmerksam, dessen Beseitigung nur durch eine sofortige Spende erreicht werden kann. Zum Beispiel für vier unterernährte Löwen aus Rumänien, deren Überführung nach Süd Afrika 28.000 Euro kostet. Am Ende dieser Briefe wird auf das „Siegel des Deutschen Spendenrates“ hingewiesen, das für Transparenz steht und Vier Pfoten angeblich zu einem „verantwortungsvollem Wirtschaften verpflichtet“. Außerdem heißt es: „Vier Pfoten – Stiftung für Tierschutz setzt Ihre Spende ausschließlich für satzungsgemäße Zwecke ein.“ Hohle Phrasen, die den Spender bewusst täuschen.

Finanzzahlen. Von den Gesamteinnahmen 2008 in Höhe von 8,06 Millionen Euro stammt der Großteil aus Spenden (7,07 Millionen Euro) und aus Nachlässen (844.000 Euro). 7,02 Millionen Euro von 7,24 Millionen Euro Gesamteinnahmen kamen 2007 aus Spenden. Die Ausgaben lassen sich mit den rudimentären Zahlenangaben nur oberflächlich zuordnen. Auch weil Vier Pfoten in seinem eigenen Jahresbericht andere Angaben liefert als in seiner Aufstellung laut Selbstverpflichtungserklärung des Spendenrates. So kostete 2008 beispielsweise die Spendergewinnung laut Jahresbericht 968.000 Euro, laut Spendenrataufstellung aber 1,66 Millionen Euro. Unabhängig von diesen Zuordnungsfragen ist die ausgewiesene Quote für „Kampagnen und Projekte“ mit 47,5 Prozent der Gesamtausgaben in 2008 und circa 40 Prozent in 2007 eindeutig zu gering.

Anfragen. Im September 2009 erklärte Gitta Roselius von Vier Pfoten, als Mitglied des Deutschen Spendenrates halte man sich an die Vorgaben der Selbstverpflichtungserklärung. Über die im jährlich erscheinenden Geschäftsbericht gemachten Angaben hinaus würde Vier Pfoten keine Daten veröffentlichen. Ein Widerspruch, da der Geschäftsbericht die Selbstverpflichtungserklärung keinesfalls erfüllt. Eine Beschwerde beim Deutschen Spendenrat führt dazu, dass Anfang Dezember immerhin eine Aufstellung gemäß Selbstverpflichtungserklärung zur Verfügung gestellt wurde. Auch eine zur Klärung von Fragen übersandte Anfrage beantwortete Roselius zwei Wochen später. Allerdings sehr ausweichend, teilweise sogar ablehnend. „Wir sind nicht verpflichtet, Ihnen diese Frage zu beantworten“, war etwa die Resonanz auf eine Frage, wie viel Geld die SAZ in 2007 und 2008 für ihre Dienstleistungen bekommen hat. Bei der Nachfrage nach dem Verteilungsschlüssel für die Mailingausgaben wurde mit dem „Bereich Marketing“ argumentiert, der in der Aufwandsrechnung nicht auftaucht. Entlarvend war schließlich die Bitte nach einer Aufschlüsselung der Ausgaben für 2007 nach dem Spendenratstandard: „Die Aufschlüsselung steht derzeit nicht in der gewünschten Form zur Verfügung.“ Damit erhärtete sich der Eindruck, die Selbstverpflichtungserklärung wurde für 2008 erst nach entsprechender Beschwerde erstellt. Trotz langjähriger Mitgliedschaft hatte Vier Pfoten 2007 keine entsprechende Veröffentlichung vorgenommen.

CW-Meinung. Die Mitgliedschaft im Deutschen Spendenrat stellt kein Spendensiegel dar. Es handelt sich lediglich um eine Selbstverpflichtung der Mitgliedsorganisationen. Ihre Einhaltung wird vom Spendenrat nicht überprüft. Vier Pfoten hielt sich nicht einmal an die minimalen Transparenzpflichten - wie in den Spendenaufrufen behauptet. Auch von der versprochenen „ausschließlichen Verwendung“ der Spenden für satzungsgemäße Zwecke ist der Verein weit entfernt. Etwa 40 Prozent in 2007 und 47,5 Prozent in 2008 sind deutlich zu wenig Geld für „Kampagnen und Projekte“. Erschreckend ist jedoch, dass sich selbst diese Quote nicht genau nachvollziehen lässt, weil Vier Pfoten keine aussagekräftigen Unterlagen wie zum Beispiel den Wirtschaftsprüferbericht zur Verfügung stellen will.