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Für eine bessere Spendenkultur
11/4/2009 von Stefan Loipfinger
Archivtext

Hilfe Weltweit e.V.

Diese Werbung tut so weh!

Wieviel Geld kommt wirklich in Afrika an?
Foto: © Carla Marcellini / fotolia.de

„Hunger tut so weh! Bitte schauen Sie nicht weg!“ - der Werbeflyer mit diesem Ausspruch stammt von Hilfe Weltweit e.V. und wurde in Zusammenarbeit mit der SAZ aus St. Gallen erstellt. Gespickt mit erschütternden Bildern verhindert er eine emotionsfreie und sachliche Auseinandersetzung mit dem Thema und der dahinter stehenden Organisation. Da verwundert es, dass Prof. Dr. Thomas Schirrmacher, Direktor des Internationalen Instituts für Religionsfreiheit der Weltweiten Evangelischen Allianz und als Ethiker bekannt, den Vorstand führt. Zudem ist sein sittliches und moralisches Verständnis in Bezug auf Transparenz bedenklich. Ein Jahresbericht mit Angaben über die Verwendung der Spendengelder wird nicht veröffentlicht. Auch wollte der Verein die von CharityWatch.de gestellten Fragen nicht beantworten. Dabei wäre es schon interessant zu erfahren, warum beispielsweise das Finanzamt dem 2005 gegründeten Verein anfänglich die Gemeinnützigkeit verwehrt hat.

Verein. Ziel des Vereins ist die Unterstützung hilfsbedürftiger Personen, die Bildung und Erziehung, insbesondere von Kindern und Jugendlichen in Armuts- und Entwicklungsländern. Hilfe Weltweit versteht sich als christliche Hilfsorganisation, die ihre Projektarbeit im Geist und Sinn der Bibel durchführt. Auch Öffentlichkeitsarbeit zählt zu den Vereinszielen, weshalb davon auszugehen ist, dass von den aggressiven Bettelbriefen Teile der Kosten als satzungsgemäße Ausgaben verbucht werden. Vorstandsvorsitzender ist der Religionswissenschaftler Prof. Dr. Thomas Schirrmacher. Susanne Olson fungiert als Geschäftsführerin.

Gemeinnützigkeit. Obwohl Hilfe Weltweit in 2005 gegründet wurde, ist die steuerliche Anerkennung mildtätiger und gemeinnütziger Zwecke erst seit dem 1. Januar 2008 gegeben. Die dafür nötige Bescheinigung des Finanzamtes Köln-Süd liegt seit Juli 2008 vor und musste vor Gericht durch eine einstweilige Anordnung erwirkt werden. Da die Bestätigung nur vorläufigen Charakter hat, wollte CharityWatch.de Näheres über den aktuellen Steuerstatus des Vereins wissen. Diese Frage wurde nicht beantwortet. Auch gab es keine Antwort auf die Frage nach dem Grund für die anfängliche Verweigerung der Gemeinnützigkeit durch das Finanzamt.

Fundraising. Ein möglicher Grund für die anfängliche Verweigerung der Gemeinnützigkeit könnte die Zusammenarbeit mit dem Fundraisingunternehmen SAZ aus St. Gallen sein. So versagte das Finanzamt beispielsweise dem Verein Jugend- und Ausbildungshilfe Eine Welt e.V. aus Köln die Gemeinnützigkeit und formuliert im Steuerbescheid: „In 2005 hat der Verein einen Vertrag zum Fundraising mit der SAZ Dialog AG Europe, St. Gallen abgeschlossen. Danach hat der Verein – zumindest im ersten Jahr – 90 Prozent der eingegangenen Spenden an die SAZ für erbrachte Leistungen abzuführen.“

Bettelbriefe. Die vermutlich auch bei Hilfe Weltweit anfallenden hohen Kosten für die Dienste des Schweizer Unternehmens sind jedoch nicht das einzig kritische an den Briefen. Fotos wie jene in einem CharityWatch.de vorliegenden Spendenaufruf zielen darauf ab, die freie Entscheidung des Spenders zu verhindern, wie sie beispielsweise der Deutsche Fundraising Verband einfordert. Das sieht auch das DZI Deutsche Zentralinstitut für soziale Fragen so. Vorliegende Werbeschreiben von Hilfe Weltweit sind „nach Auffassung des DZI in ihrer Wort- und Bildwahl als überwiegend gefühlsbetont und in hohem Maße bedrängend zu bezeichnen.“

Kontrolle. Sowohl CharityWatch.de als auch dem DZI wurden vom Verein auf Nachfrage keine Zahlen über die Verwendung der Spendengelder vorgelegt. Ob die Spenden bei den Notleidenden ankommen, beantwortet der Verein auf seiner Homepage mit einem Hinweis auf die Wirtschafts- und Steuerberatungsgesellschaft DHPG Dr. Harzem & Partner KG, die den Jahresabschluss erstellt. Auf diese Weise ist es angeblich „unmöglich, dass Gelder in falsche Kanäle kommen könnten, ohne dass es sofort bemerkt werden würde“. Ein zusätzliches Spendensiegel ist laut Verein unnötig und würde nur Geld kosten. Allerdings sind diese Vergleiche nicht haltbar, weil ein Spendensiegel etwas ganz anderes prüft als Harzem & Partner. Ob eine mögliche Täuschung der Spender vorliegt, wollte Hilfe Weltweit nicht kommentieren.

Presseanfrage. Nachdem der Verein CharityWatch.de zwei Monate lang wegen einem Jahresbericht mit Finanzzahlen hingehalten hatte, wurde unsere abschließende Presseanfrage schon aus rechtlichen Gründen mit einem Termin formuliert. Selbstverständlich hätte ein kurzer Hinweis gereicht, wenn die Wochenfrist nicht ausreichend bemessen war. Es gab aber überhaupt keine Reaktion. Um sicher zu gehen, dass die Anfrage angekommen ist, fragte CharityWatch.de telefonisch bei der Geschäftsführerin Olson nach. Sie meinte nur, CharityWatch.de sei nicht in der Position, Fristen zu setzen. Anfang November wurde immer noch keinerlei Antwort angekündigt oder formuliert. Somit ist davon auszugehen, dass die Anfrage vom 23. Oktober 2009 von Hilfe Weltweit wohl nicht mehr beantwortet wird.

CW-Meinung. Ein verantwortlicher Mitarbeiter der Evangelischen Allianz, die weltweit 420 Millionen Menschen vertritt, sollte mit der Öffentlichkeit immer vorbildhaft und was seine gemeinnützigen Tätigkeiten betrifft stets transparent umgehen. Die auch vom DZI kritisierten Inhalte der Bettelbriefe widersprechen den zahlreichen Veröffentlichungen des Theologen zum Thema Ethik. Denn im Grunde geht es hier um Moral. Diese ist zumindest bei der Führung von Hilfe Weltweit merkwürdig definiert. Wer spenden will, sollte erst einmal hinterfragen, wie hoch bisher die Kosten für Briefmailings und die daraus entstandenen Einnahmen waren. CharityWatch.de befürchtet nämlich, dass angesichts der Verbindungen zur SAZ aus St. Gallen weniger als die Hälfte der Gelder tatsächlich bei Not leidenden und hungernden Menschen ankommt.