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Für eine bessere Spendenkultur
11/3/2009 von Stefan Loipfinger
Archivtext

Bundesverband Tierschutz e.V.

Großer Name und wenig dahinter

BVT-Aktivitäten: Von Haustieren über Nutztiere bis zu Wildtieren
Foto: Susanna Berndt

Er zählt sich selbst zu den „großen und seriösen Tierschutzdachverbänden in Deutschland“. Er ist Mitglied im Deutschen Spendenrat e.V. und er besteht seit 47 Jahren. Doch ob der Bundesverband Tierschutz e.V. seinen Ansprüchen gerecht wird, ist mehr als fraglich. So verweigerte der Verein die Herausgabe von Finanzzahlen, obwohl er als Mitglied des Deutschen Spendenrates dazu verpflichtet ist. Erst nach einer Beschwerde beim Spendenrat gab es ein paar Angaben, die aber völlig undurchsichtig sind. Zudem stellte sich bei der Recherche heraus: Der Vorstand des Bundesverbandes wusste nicht einmal genau, wozu er sich verpflichtet hat. Jetzt denkt der Spendenrat über Konsequenzen nach. Nicht zu Unrecht, wie noch andere widersprüchliche Aussagen des Vereins belegen.

Verein. Der Bundesverband Tierschutz e.V. besteht seit 47 Jahren. Er hat 70 Mitgliedsvereine und engagiert sich zum Beispiel durch eine Mitgliedschaft in der Tierschutzkommission des Bundes im politischen Tierschutz. Darüber hinaus führt er eigene Tierheime und unterstützt die Arbeit der Mitgliedsvereine. Im Jahr 2008 stand für das alles ein Einnahmebudget von 362.100 Euro zur Verfügung. Als Vorstand aktiv sind unter anderem die Juristen Prof. Dr. Astrid Funke als Präsidentin und ihr Vize Dr. Rolf Lenzen. Geschäftsführerin und ebenfalls Vorstandsmitglied ist Jutta Siebers.

Vorgeschichte. Die erste Anfrage nach einem Jahresbericht mit Finanzzahlen stellte CharityWatch.de im Juli 2009. Für Anfang August wurde von der Geschäftsführerin Jutta Siebers eine „Bearbeitung des Anliegens“ versprochen. Daraus wurde nichts. Nach unzähligen Telefonaten kam Ende September die Nachricht, das Präsidium hätte sich gegen eine Übersendung ausgesprochen. Da sich der Verein als Mitglied des Deutschen Spendenrates allerdings zur Bereitstellung solcher Zahlen verpflichtet hat, legte CharityWatch.de erfolgreich Beschwerde beim Spendenrat ein. Auf die Frage, warum der Bundesverband Tierschutz sich anfänglich der Zahlentransparenz verweigerte, erklärte die Geschäftsführerin entlarvend: „Zunächst war der Eindruck entstanden, dass Ihrer Anfrage keine so große Bedeutung zukomme.“ Außerdem war der Präsidentin Funke laut Siebers die Selbstverpflichtungserklärung des Deutschen Spendenrates „nicht präsent“.

Spendenrat. Die Verpflichtung, Finanzzahlen auf Nachfrage „jedermann“ – unabhängig von seiner Bedeutung - zur Verfügung zu stellen, war allerdings nicht das einzige, woran sich Siebers und Funke nicht erinnerten. Wie sich herausstellt, wissen sie nicht einmal, wozu sie sich als Spendenratsmitglied verpflichtet haben: „Die in der Erklärung zur Selbstverpflichtung erwähnten Richtlinien des IDW wurden uns zu keinem Zeitpunkt bekannt gegeben; ihnen kommt daher keine rechtliche Bedeutung zu.“ Weiterhin wird in einem Schreiben an den Spendenrat die „Vier-Sparten-Rechnung“, also eine Rechnung, die Verwaltungskosten und anderes von Projektausgaben trennt, völlig in Frage gestellt. Zudem bat das Mitglied den Spendenrat sogar, ihm „die Richtlinien zukommen zu lassen“. Es zeigt sich: Abgesehen von der werblichen Einsetzung der Mitgliedschaft als Qualitätssiegel hat sich der Bundesverband Tierschutz offenbar noch nicht viel mit dem beschäftigt, wozu er eigentlich verpflichtet wäre. Nachdem der Vorstand des Spendenrates die „grundsätzlichen Unzulänglichkeiten bei der Umsetzung der Selbstverpflichtung“ teilt, wird demnächst über „die von der Satzung vorgegebenen Schritte gegenüber dem Mitglied“ beraten. Eventuell werden sogar Konsequenzen gezogen.

Widersprüche. Um Einnahmen von Privatpersonen zu generieren, wirbt der Verband zum Teil mit folgender Aussage: „Wussten Sie, dass der Bundesverband Tierschutz e.V. keinerlei öffentliche Mittel erhält? Dass wir bei der Bewältigung der vielfältigen Aufgaben ausschließlich auf Mitgliedsbeiträge und Spenden angewiesen sind?“ Das ist nicht korrekt, wie ein Blick in die rudimentäre Überschussermittlung für 2008 zeigt. Gut ein Viertel der Gesamteinnahmen oder genau 93.438 Euro werden als „staatliche Zuschüsse“ ausgewiesen. Ein anderer Widerspruch offenbart die Notwendigkeit, endlich Verwaltung, Spendenakquise, Öffentlichkeits- und Projektarbeit zu trennen. Siebers antwortete auf die Frage nach einer diesbezüglichen Trennung der Kosten für die Hauptgeschäftsstelle in Moers: „Die Kosten, die dem BVT entstehen, gehören ausnahmslos zu den satzungsgemäßen Ausgaben. (...) Der BVT betreibt kein Fundraising in Form von Mailings...“ Gleichzeitig beschreibt sie auf die Frage nach den Fundraisingmethoden des Vereins eine Reihe von Aktivitäten. Dazu zählt beispielsweise die Gewinnung von Bußgeldern: „Deshalb werden regelmäßig Gerichte und Staatsanwaltschaften angeschrieben.“

CW-Meinung. Jutta Siebers hat sich gegenüber dem Spendenrat beschwert: „Die Formulierungen des Herrn Loipfinger lösen deshalb, um es vorsichtig auszudrücken, eine gewisse Verwunderung aus.“ Das sieht CharityWatch.de allerdings gelassen, weil wir uns nicht in Widersprüche verwickelt haben. Außerdem kennen wir die Inhalte der Selbstverpflichtungserklärung des Deutschen Spendenrates sehr gut – im Gegensatz zum Bundesverband Tierschutz e.V., der selbst als Mitglied nicht genau zu wissen scheint, was er unterschrieben hat. Über das Verhalten des Vereins muss nun der Vorstand des Deutschen Spendenrates entscheiden. Im schlimmsten Fall droht ein Ausschluss.