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Für eine bessere Spendenkultur
10/2/2009 von Stefan Loipfinger
Archivtext

Aktion Kindertraum gGmbH

Zerplatzte Kinderträume

Aktion Kindertraum

„Träume sind erfüllbar...“ – mit diesem und anderen Slogans wirbt die 1998 gegründete gemeinnützige GmbH Aktion Kindertraum um Spenden. Leider wurden von den 1,62 Millionen Euro Einnahmen im vergangenen Jahr gerade einmal 473.800 Euro für Projekte ausgegeben. Ob die traurige Quote von mageren 29,2 Prozent 2007 besser oder noch schlechter war, ist aufgrund der verweigerten Mittelverwendung nicht bekannt. Darüber sollte Tennisprofi Nicolas Kiefer nachdenken, wenn er sich schon als prominenter Förderer zu Werbezwecken benützen lässt. Auch „Miss-Tagesschau“ Dagmar Berghoff ist mit Foto auf der Rückseite eines Werbebriefes abgedruckt: „Ich finde die Arbeit von Aktion Kindertraum besonders wichtig, denn es geht um die Wünsche und Hoffnungen schwer kranker Kinder!“ CharityWatch.de sieht das allerdings ganz anders...

Vorgeschichte. Erstmals bat CharityWatch.de am 1. Dezember 2008 um Übersendung eines Jahresberichts. Nach mehrfachem Hin und Her sagte Geschäftsführerin Ute Friese im März 2009 endlich zu, die Gewinn- und Verlustrechnung „in den nächsten Tagen“ zu übersenden. Doch nichts geschah. Im April erklärte der Rechtsanwalt, Notar und Fachanwalt für Steuerrecht Jens Genge schriftlich, dass die Zusendung noch etwa acht Wochen dauern würde. Letztendlich waren es vier Monate, bis der Jahresabschluss 2008 zur Verfügung stand. Allerdings ohne Vergleichszahlen für das Vorjahr. Auf Nachfrage von CharityWatch am 15. September hieß es, die Rechtsanwältin Dr. Yvonne Kleinke von der Kanzlei Schertz Bergmann Rechtsanwälte habe davon abgeraten, Fragen überhaupt zu beantworten. In ihren Augen ginge schon aus den Fragen hervor, dass eine „tendenzielle Berichterstattung geplant ist“, die – und hier trifft sie eine fast als hellseherisch zu bezeichnende Feststellung – „in nicht unerheblichen Teilen unwahr sein dürfte“.

Finanzzahlen. Stolze 1,62 Millionen Euro Spendeneinnahmen verbuchte die gemeinnützige GmbH 2008. Von diesem Ergebnis wurden 556.700 Euro für Mittelbeschaffung, 92.500 Euro für Verwaltung und 1,01 Millionen Euro für satzungsgemäße Zwecke ausgegeben. Allerdings flossen von dieser Satzungsausgaben-Million 534.100 Euro in Öffentlichkeitsarbeit. Ob ein Teil der Kosten des Spendenaufrufs von Ende 2008 darin enthalten sei, wollte CharityWatch.de wissen. Doch Ute Friese blieb uns die Antwort schuldig. Nun enthielt das etwa 45 Gramm schwere Mailing Aufkleber, Karten und Kuverts sowie eine die Spendenbereitschaft steigernde Geschichte über einen Jungen namens Lennox. Es hieß, er konnte im Kinderhospiz Regenbogenland „friedlich sterben“. Mit Hilfe der Spenden wäre es möglich, „auch anderen sterbenskranken Kindern ein wenig Frieden in ihren letzten Wochen auf Erden“ zu geben. Eine interessante Frage lautet: Wie viel von diesen Spenden flossen denn wirklich an das Kinderhospiz? Angesichts der Tatsache, dass 2008 nur 473.800 Euro oder 29,2 Prozent der Gesamteinnahmen überhaupt für Projekte ausgegeben wurden, kam offensichtlich ein erheblicher Teil der Spenden nicht dort an.

Partner. Möglichst viel Aufmerksamkeit wollen namhafte Unterstützer von Aktion Kindertraum bei Übergabe von Spenden erzielen. Zum Beispiel das Internetkaufhaus Yatego, das erst kürzlich einen Scheck über 10.000 Euro überreichte und sogar ein Werbevideo veröffentlichte. Oder die Stiftung des Fußballers Per Mertesacker, die – wie schon Yatego – eine Anfrage über die geringe Projektquote nicht beantwortete. Die AWD-Stiftung Kinderhilfe hat sich von Zuweisungen an Aktion Kindertraum auf Anfrage distanziert und erklärt, dass die für gemeinsam finanzierte Aktionen von ihr aufgebrachten Beträge in der Vergangenheit direkt an die behandelnden Kliniken ausgezahlt wurden. Der Medienbetreuer des Tennisprofis Nicolas Kiefer teilte mit, nun erstmals einen Jahresbericht von Aktion Kindertraum angefordert zu haben. Trotz der vorab mitgeteilten geringen Projektquote sieht er allerdings „momentan noch keinen Anlass, skeptisch zu sein“.

CW-Meinung. Wieder einmal taucht das Fundraisingunternehmen SAZ aus dem schweizerischen St. Gallen bei einem Verein auf, der durch eine viel zu geringe Projektquote aus dem Rahmen fällt. 2008 verschlang sowohl die Mittelbeschaffung (556.700 Euro) als auch die Öffentlichkeitsarbeit (534.100 Euro) mehr Geld, als für alle Projekte zusammen ausgegeben wurde (473.800 Euro). Welcher Spender würde wohl Geld überweisen, wenn er von den erschütternden Finanzzahlen wüsste? Vor dem Hintergrund erscheint so manche Werbebotschaft in einem anderen Licht. So ist auf einem Flyer von Aktion Kindertraum zu lesen: „Wünsche erfüllen – Not lindern – Hoffnung geben.“ Schön wäre es für die Kinder, wenn sie die Hoffnung haben könnten, dass zukünftig mehr Geld für Projekte ausgegeben wird. Denn so wie es sich jetzt darstellt, bleiben wohl viele - zu viele - Träume unerfüllt.

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