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Für eine bessere Spendenkultur
8/14/2009 von Stefan Loipfinger
Archivtext

Hilfsaktion Noma e.V. (2)

Leichtfertiger Umgang mit Partnerschaften

Das wichtigste Guthaben jeder Hilfsorganisation ist ihr guter Name. Ein Mitglied oder Spender will darauf vertrauen können, dass sein Geld überwiegend für gute Taten verwendet wird. Deshalb sollten die Verantwortlichen seriöser Organisationen sehr genau prüfen, wem sie die Nutzung des eigenen Namens gestatten. Noch mehr Sorgfaltspflicht gilt für das Eingehen von Partnerschaften, weil es sich dabei um die Verwendung eigener Ressourcen handelt. Es zeigt sich, dass hier noch großer Aufklärungsbedarf besteht. Auf der Homepage von Hilfsaktion Noma e.V. sind verschiedene Förderer aufgeführt. CharityWatch.de hat einige von ihnen gefragt, worin die Unterstützung für Hilfsaktion Noma denn bestehe und welche Prüfung vor der Entscheidung, eine Förderung vorzunehmen, durchgeführt wurde. Außerdem wollten wir wissen, ob die von CharityWatch.de aufgeworfene Kritik an Hilfsaktion Noma etwas an der Zusammenarbeit ändert. Die Antworten sind zum Teil erschütternd.

Spendensiegelverlust. CharityWatch.de kritisierte unter anderem die viel zu hohen und zudem noch verschleierten Fundraisingkosten (siehe Bericht vom 23. Juli 2009). Das Deutsche Zentralinstitut für soziale Fragen (DZI) stuft Hilfsaktion Noma schon seit Juli 2008 als „nicht empfehlenswert“ ein, weil die Werbe- und Verwaltungskosten „unvertretbar hoch“ sind. Bereits im Februar 2006 hatte das DZI die Briefwerbung beanstandet und den Verein als „nur bedingt empfehlenswert“ beurteilt. Von Juni 2002 bis Juni 2004 trug der Verein allerdings das DZI-Spenden-Siegel. Zu der vorübergehenden Siegelerteilung lieferte DZI-Geschäftsführer Burkhard Wilke interessante Hintergründe: „Das DZI hat bei den Zuerkennungen des Siegels an Noma in den Jahren 2002 und 2003 von der in Ziffer C.I.6.f) der Spenden-Siegel-Leitlinien festgelegten Ausnahmeregelung Gebrauch gemacht und für die Zuerkennung die vom Steuerberater erstellte und vom vereinsinternen Kassenprüfer geprüfte Jahresrechnung als Grundlage akzeptiert. Damit war bei der Ersatzuerkennung (Juni 2002) die Auflage verbunden, dass der Verein spätestens ab dem Geschäftsjahr 2002 einen von einem Wirtschaftsprüfer oder vereidigten Buchprüfer geprüften Jahresabschluss vorlegt. Diese Zusage hat der Verein dem DZI im April 2003 schriftlich gegeben, so dass der ersten Verlängerung des Siegels nichts im Wege stand und sich der zweite Verlängerungsantrag auf den extern geprüften Jahresabschluss hätte beziehen sollen. Im Frühjahr 2004 ist Noma im Vorfeld des zweiten Verlängerungsantrags von dieser Zusage abgerückt, und das DZI hat es abgelehnt, ein weiteres Mal von der Ausnahmeregelung Gebrauch zu machen. Daraufhin hat Noma den Verlängerungsantrag zurückgezogen und das Siegel hat am 30. Juni 2004 seine Gültigkeit verloren.“

Ustinov Stiftung. Die von Sir Peter Ustinov im Jahr 1999 gegründete Stiftung dürfte der größte Förderer von Hilfsaktion Noma sein. Auf Anfrage wurde mitgeteilt, die Entscheidung dafür hätte Sir Peter Ustinov im Jahr 2000 selbst getroffen: „Seitdem pflegen wir vertrauensvolle Beziehungen zu diesem Projektpartner. Die Hilfsaktion Nova e.V. erhält jährlich etwa 300.000 Euro von uns.“ Angesichts der Förderhöhe ist die Antwort auf die Prüfung geradezu skandalös: „Hilfsaktion Noma e.V. ist eine als gemeinnützig anerkannte Organisation. Als Stiftung, die über drei fest angestellte Mitarbeiter verfügt, verlassen wir uns in dieser Hinsicht auf die Prüfung, die das Finanzamt Jahr für Jahr vornimmt.“ Und trotz der begründeten Kritik durch das DZI und CharityWatch.de wird sich an der Zusammenarbeit nichts ändern: „Da wir keinen Anlass haben, an der korrekten Verwendung unserer Fördergelder zu zweifeln, werden wir Hilfsaktion Noma e.V. auch weiterhin unterstützen.“

Sternstunden. Ebenfalls ein großer Förderer des Noma-Vereins ist die Benefizaktion des Bayerischen Rundfunks. Thomas Jansing, 1. Vorsitzender und Initiator von Sternstunden e.V. reagierte auf die Anfrage vorbildlich: „Sie wissen, dass wir uns grundsätzlich, vor allem auch Dank Ihrer hilfreichen Vorschläge und Einlassungen zu dem Thema, darauf verständigt haben, künftig nur noch Vereine und Institutionen zu unterstützen, deren Verwaltungsaufwand die 30 Prozentmarke nicht übersteigt.“ Mit den neuen Förderrichtlinien dürfte Sternstunden die Spendengelder zukünftig anderweitig verwenden.

Stern TV. Urlaubsbedingt konnte das Team der von Günther Jauch moderierten Sendung keine Stellungnahme abgeben. Etwas beschwichtigend wurde nur mitgeteilt: „Vielleicht interessiert es Sie, dass Stern TV letztmals am 13. Dezember 2006 einen Beitrag zu Noma ausgestrahlt hat?“ Leider nicht nur unbefriedigend, sondern auch falsch. Die eigene Homepage zeigt einen Bericht über Noma vom 21. November 2007. Anscheinend wird manchmal etwas oberflächlich recherchiert. Angesichts der hohen Reputation des Moderators Günther Jauch doppelt unbefriedigend. Wer den Aufwand nicht scheut über Hilfsprojekte zu berichten und teilweise sogar Kamerateams nach Afrika schickt, sollte doch wenigstens die Mittelverwendung der betreffenden Hilfsorganisation hinterfragen. Oder geht es wirklich nur um möglichst sensationelle und herzergreifend-schockierende Bilder?

Andere. Action Medeor unterstützt Projekte von Hilfsaktion Noma seit zehn Jahren mit Medikamenten und will das auch weiterhin tun. Aktion Kindertraum hat 2005 einmalig die Operation eines afrikanischen Jungen finanziert. Apotheker helfen e.V., die Korff-Stiftung, die PharmHuman Stiftung und Hilfsaktion Noma-Trier e.V. haben auf die Anfrage nicht geantwortet.

CW-Meinung. Leider ist Hilfsaktion Noma kein Einzelfall. Häufig lässt sich beobachten, dass Partnerschaften und Förderungen viel zu leichtfertig eingegangen werden. Sternstunden e.V. hat Anfang diesen Jahres nach einer Kritik durch CharityWatch.de ihre Förderpraxis um eine Prüfung der Verwaltungskosten ergänzt (siehe Bericht vom 30. April 2009). Andere tun dies bis heute nicht. Es ist schon unglaublich, dass von einem möglichen Partner nicht einmal die Vorlage der letzten Jahresberichte mit Finanzzahlen verlangt wird. Auch an Journalisten geht diese Kritik. Nicht selten werden Spenden an Vereine empfohlen, ohne dass jemand aus der Wirtschaftsredaktion mal einen Blick auf die Einnahme-Überschuss-Rechnung geworfen hat. Zu guter Letzt gilt das auch für die Verleihung des Bundesverdienstkreuzes. Am 5. Dezember 2008 verlieh Bundespräsident Horst Köhler den Orden an die Noma-Vorsitzende Ute Winkler-Stumpf. Es ist höchste Zeit, dass dieser unverantwortlich leichtfertige Umgang mit Empfehlungen und Partnerschaften aufhört.

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