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Für eine bessere Spendenkultur
3/31/2009 von Stefan Loipfinger
Archivtext

Madeleine Schickedanz KinderKrebs-Stiftung

Monatelange Hinhaltetaktik einer „Verarmten Milliardärin“

Madeleine Schickedanz KinderKrebs-Stiftung

„Gesunde Kinder haben viele Wünsche. Krebskranke Kinder nur einen: zu leben!“ Dieser emotionale Ausspruch stammt aus einem Spendenaufruf der Quelle-Erbin Madeleine Schickedanz. Darin erzählt sie außerdem von ihren eigenen Ängsten, die sie durchlitt, während ihre Tochter an Krebs erkrankt war. Das Kind wurde geheilt. „Aus Dankbarkeit wollte ich damals etwas tun, damit kein Kind, keine Familie diesen fürchterlichen Alptraum mehr durchleiden muss.“ Schöne Worte, die sich bei einer der reichsten Frauen der Welt eigentlich auch in die Tat umsetzen lassen sollten. Eigentlich. Die von ihr ins Leben gerufene Stiftung spricht eine andere Sprache. 71 Prozent der Einnahmen aus Spendenmailings wurden 2006 gleich wieder als Ausgaben dafür verbucht. 71 Prozent, die weder in die Forschung, noch in Hilfsprojekte flossen. Viel mehr lässt sich über die Verwendung der Spendeneinnahmen angesichts der fehlenden Bereitschaft, Fragen zu beantworten, kaum schreiben.

Vertrauensbruch. Acht Fragen an die Madeleine Schickedanz KinderKrebs-Stiftung sind seit 9. Dezember 2008 leider ohne Antwort geblieben. Dabei versprach die Stiftungs-Mitarbeiterin Marianne Kreß Mitte Dezember eine Beantwortung noch vor Weihnachten. Anschließend gab es wiederholte Versprechen mit konkreten Terminzusagen – die alle abgesagt wurden. Zuletzt mehrfach von dem nun zuständigen Mitarbeiter Matthias Till.

Kostenquote. Mehr als unbefriedigend fällt das Ergebnis für das Spendenmailing 2006 aus. Den Einnahmen von 721.000 Euro stehen 512.000 Euro „Aufwendungen Spendenmailing“ gegenüber. Anders ausgedrückt: Von einer 100-Euro-Spende wurden gerade einmal 29 Euro für die Satzungszwecke verwandt! Ein erheblicher Teil davon floss „satzungsgemäß“ in eine Stiftungsprofessur an der medizinischen Hochschule Hannover (in 2006: 95.000 Euro und in 2005: 105.000 Euro) und ein Promotionsstipendium an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen/Nürnberg (in 2006: 37.588 Euro und in 2005: 33.242 Euro).

Fragenkatalog. Die Beantwortung der unten abgedruckten Fragen ist für eine funktionierende Verwaltung eigentlich keine echte Herausforderung. So muss die bisherige Weigerung einen anderen Grund haben. Liegt es vielleicht daran, dass einer der Punkte dem nun zuständigen Mitarbeiter Till größere Kopfschmerzen bereitet? Kann es die Frage sein, warum in den vergangenen Jahren entgegen der eigenen Satzungsvorgabe die Jahresberichte völlig verspätet erstellt wurden? Oder ist es die Frage, wem denn ein in 2006 mit stolzen 37.588 Euro bezuschusstes Promotionsstipendium an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen/Nürnberg zugesprochen wurde? Dass es auch internen Diskussionsbedarf gegeben hat, deutet die ungewöhnlich schnelle Abfolge zweier Kuratoriumssitzungen innerhalb von knapp drei Wochen Anfang 2007 an.

CW-Meinung. Nur dem hohen emotionalen Grad des Stiftungszwecks und dem massiv vertrauensbildend eingesetzten Namen einer der reichsten deutschen Frauen ist es geschuldet, dass CharityWatch.de sich monatelang immer wieder vertrösten ließ. Irgendwann aber ist das Maß voll und massive Zweifel an der Madeleine Schickedanz KinderKrebs-Stiftung tauchen auf. In Verbindung mit einer mehr als bescheidenen Erfolgsquote durch das Spendenmailing 2006 und einer völlig verspäteten Berichterstattung kann nur vor einer Spende an diese Organisation gewarnt werden.

Kritischer Kommentar. Die Quelle-Erbin Madeleine Schickedanz zählt zu den reichsten Menschen dieser Welt. Auf der Forbes-Liste der Superreichen schaffte sie es 2007 noch auf Platz 142 mit einem geschätzten Vermögen von 5,5 Milliarden Euro. Im Vergleich dazu ist das Stiftungskapital per Ende 2006 mit drei Millionen Euro gerade mal ein Zweitausendstel davon oder ungefähr die Zinsen für eine Woche aus dem Vermögen (gerechnet mit vier Prozent Ertrag). Trotzdem zitiert sie sich selbst in einer Stiftungsbroschüre mit dem Satz: „Ein einzelner vermag viel, aber viele vermögen mehr!“
Das soll keine Wertung für das soziale Engagement von Madeleine Schickedanz sein. Trotzdem entsteht bei dem mit Bild der Quelle-Erbin versehenen Spendenaufruf schon der Eindruck, dass die Milliardärin sich ihrem Vermögen angemessen engagiert und das Geld der „Mitspender“ an der richtigen Stelle ankommt. Beispielsweise hätte der in dem letztjährigen Spendenbrief groß herausgestellten siebenjährigen krebskranken Zoe F. viel mehr finanzielle Hilfe in ihrem Leid zukommen können, wenn nicht so viel Geld in teure Mailingaktionen geflossen wäre. Dafür wissen jetzt weit über 100.000 angeschriebene Personen vom persönlichen sozialen Engagement der Quelle-Erbin, der laut Frankfurter Allgemeinen Zeitung „verarmten Milliardärin“, die „hohen Wert auf Glaubwürdigkeit legt“. So wird der Alptraum für die meisten Eltern krebskranker Kinder allerdings kein Ende nehmen.


============================================================== Seit 9. Dezember 2008 nicht beantwortete Fragen.
1. In Paragraph 3 Absatz 4 Ihrer Satzung ist die Möglichkeit von Spenden an andere gemeinnützige Einrichtungen definiert. Wie häufig ist dies schon vorgekommen? Welche Vergabekriterien werden dabei angelegt?
2. Im Prüfbericht von Ernst & Young wird auf Seite 4 geschrieben, dass die Finanzzahlen per Ende 2005 mit Datum vom 4. Januar 2007 geprüft wurden und am 28. Februar 2007 vom Kuratorium genehmigt. Dabei schreibt die Satzung in Paragraph 10 Absatz 1 doch vor, dass der Jahresbericht bis 30. April eines Jahres erstellt werden muss. Wodurch kam es zu dieser ungewöhnlichen Verzögerung?
3. Nachdem am 28. Februar 2007 das Kuratorium zusammentrat, wird im WP-Bericht auf Seite 7 ein weiterer Kuratoriumsbeschluss vom 15. März 2007 erwähnt. Was war der Grund für die kurz hintereinander stattgefundenen Kuratoriumssitzungen?
4. Bei den Ausgaben wird ein Promotionsstipendium an der FA-Uni Erlangen erwähnt. Wem wurde dieses zugesprochen?
5. In 2006 wurde auch eine Unterstützung für einen Zauberharfenbaukurs gewährt. Wie ist dies mit der Satzung vereinbar?
6. In 2006 betrugen die Verwaltungskosten 54,9 Prozent der Gesamtausgaben. Bei den Ausgaben für Spendenmailings in Relation zu den Einnahmen aus Spendenmailings ergibt sich sogar eine Kostenquote von 71 Prozent. Wie begründen Sie diese hohen Kostenanteile?
7. Sie haben mir Zahlen für 2006 zur Verfügung gestellt. Laut Satzung müsste aber doch längst der Jahresbericht für 2007 fertig gestellt sein. Können Sie mir diesen noch nachliefern?
8. In Ihrer Broschüre "Forschen hilft heilen" wird unter "Aufgaben und Ziele" von Erlösen aus Benefizveranstaltungen gesprochen. Dazu habe ich aber im Jahresbericht nichts gefunden. Haben 2005 und 2006 keine solchen Veranstaltungen statt gefunden?