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Für eine bessere Spendenkultur
8/1/2008 von Stefan Loipfinger
Archivtext

Ein Dutzend Spendentipps

Wer etwas gibt, bekommt es doppelt zurück

Die Gelegenheiten Gutes zu tun, sind allgegenwärtig – selbst ohne die vielfältigen nichtkommerziellen Möglichkeiten. Ob es der Bettler auf der Straße, die Spendensammler an der Haustür oder der Spendenaufruf per Post ist. Doch wer wirklich will, dass sein Geld auch effektiv eingesetzt wird, der sollte einige Regeln beachten. CharityWatch.de hat deshalb als Verhaltensempfehlung für Geldzuwender ein Duzend Tipps für richtiges Spenden zusammengetragen.

1. Bettler. Nicht jeder Mitleid erregende Bettler hat eine Geldspende verdient. Teilweise handelt es sich sogar um organisierte Bettlertruppen, die mit Bussen morgens in einer Fußgängerzone abgesetzt und Abends wieder abgeholt werden. Der Erlös wird von den „Organisatoren“ einkassiert. Deshalb ist es empfehlenswert vor einer Spende durchaus ein Gespräch über die Hintergründe mit dem Bettler zu führen. Das rechtfertigt dann unter Umständen auch eine etwas höhere Spende von vielleicht fünf Euro. Ein gutes Mittel, um die echte Bedürftigkeit zu testen, ist auch die Frage, mit welcher Sachspende geholfen werden könnte. Bettler, die nur Geld möchten, sind besonders kritisch zu hinterfragen. Wer keine Zeit oder Lust auf ein Gespräch hat, der sollte lieber seine Kleinstzuwendungen sammeln und bei nächster Gelegenheit einem „hinterfragten“ Bettler insgesamt zukommen lassen oder gleich an eine Organisation spenden.

2. Sammlungen. Egal ob eine Sammlung an der Haustür oder auf einem öffentlichen Platz stattfindet - immer sollte ein behördlich ausgestellter Sammlerausweis zusammen mit dem Personalausweis verlangt werden. Außerdem muss die Sammeldose verplompt sein. Wer mehr als zehn Euro geben möchte, der sollte nach einem Überweisungsformular fragen. Außerdem ist immer Vorsicht bei Verträgen mit längerfristigen Zahlungsverpflichtungen angebracht. Diese sollten erst zu Hause in Ruhe gelesen und zum Beispiel auf eine Widerrufsmöglichkeit geprüft werden. Bei allen Sammlern, die auf diese Vorsichtsmaßnahmen mit Druck oder Verärgerung reagieren, ist ohnehin größte Vorsicht angebracht.
Keine Spende, sondern eine Bezahlung für Unterhaltung liegt bei Straßenmusikanten oder anderen Personen vor, die öffentlich etwas aufführen. Deshalb gilt auch hier: Nicht im vorbeigehen uninteressiert etwas geben. Lieber sich die Zeit nehmen das Schauspiel eine gewisse Zeit genießen und dann dafür „bezahlen“.

3. Warenverkauf. Ähnlich wie Haustürsammlungen laufen Hausierergeschäfte ab. Hier bietet jemand an der Tür bestimmte Waren zum Kauf – meist weit über den üblichen Marktpreisen. Das wird regelmäßig mit einem guten Zweck gerechtfertigt. Und wer wirklich im Auftrag einer Behinderten- oder Blindenwerkstätte unterwegs ist, der kann dies durch einen Ausweis belegen. Allerdings werden die Waren von solchen gemeinnützigen Einrichtungen in der Regel in eigenen Läden verkauft. Deshalb auch bei einem Ausweis skeptisch sein. Ruhig nach einer Telefonnummer der Einrichtung fragen und den Verkäufer bitten, in zehn Minuten wieder zu kommen. Und selbst wer den Kontrollanruf in der Zwischenzeit nicht durchführt, weiß nach Ablauf der Frist mehr: Ein Schwindler wird kein zweites Mal an der Haustür klingeln.

4. Bettelbriefe. Gerade wer regelmäßig spendet, wird mit Bettelbriefen überschüttet. Und dabei handelt es sich nicht nur um Spendenaufrufe der Organisationen, an die bereits gespendet wurde. Nicht selten werden die Adressen weiterverkauft. Deshalb gilt unbedingt vor einer Spende, sich mit einem Verein oder einer Stiftung zu beschäftigen. Ein gutes Hilfsmittel ist der Jahresbericht. Organisationen, die zum Beispiel keinen Bericht inklusive Finanzzahlen auf ihrer Homepage zum Download zur Verfügung stellen, können getrost aussortiert werden. Außerdem gilt als Faustregel: Bettelbriefe mit Mitleid erregenden Bildern können ebenso wie Briefe mit Geschenken, die ein schlechtes Gewissen produzieren sollen, in den Papierkorb geworfen werden. Schließlich soll mit dem Geld ja ein gemeinnütziger Zweck und nicht die nächste Bettelbriefaktion finanziert werden.

5. Anzeigen und sonstige Werbung. Da Werbung von gemeinnützigen Organisationen selten zusätzliche Spenden generiert, sondern eher einen Verdrängungswettbewerb auslöst, ist diese durchaus umstritten. Außerdem ist der Wirkungsgrad oft nicht unbedingt im Sinne der Spender. Wenn gerade mal etwas mehr Einnahmen als die Werbekosten generiert werden, ist das zwar ein Nettoertrag für die Organisation, aber nicht im Sinne der Spender, die eine möglichst hohe Zweckerfüllung wollen. Nur wenn durch Kooperationen mit Verlagen deutlich reduzierte Anzeigenpreise vereinbart wurden, sind Anzeigen, Fernsehwerbung oder sonstige Aktivitäten vertretbar. Deshalb gilt unbedingt vor einer Spende an solche Vereine oder Stiftungen: Immer einen kurzen Blick auf die Gewinn- und Verlustrechung im Jahresbericht werfen oder bei der Institution nachfragen. Verwaltungskosten inklusive Ausgaben für Spendenakquise von über 20 Prozent der Einnahmen sollten nicht akzeptiert werden. Wer keine aussagekräftigen Zahlen zur Verfügung stellt, scheidet ohnehin als Spendenempfänger aus!

6. Spendensiegel. Eine gewisse Sicherheit in Bezug auf Zweckerfüllung bieten die Spendensiegel vom DZI Deutsches Zentralinstitut für soziale Fragen und vom Deutschen Spendenrat. Allerdings ist dabei zu beachten, dass diese zu bezahlen sind. Besonders kostenbewusste Vereine und Stiftungen – vor allem wenn sie auch noch klein sind – scheuen deshalb diese Ausgaben. Folglich sind nicht nur die Vereine mit Siegel empfehlenswert. Außerdem ist die Qualität innerhalb der Organisationen mit Qualitätslabel nicht gleich. Dort gibt es sehr gute bis mittelmäßige. Außerdem sind nur anhand des Siegels durchaus von den Prüfern vorgenommene Abstufungen nicht erkennbar. Deshalb durchaus den Prüfbericht anfordern.

7. Verwaltungskosten. Wer möchte nicht, dass möglichst viel von seiner Spende in die gemeinnützige Arbeit fließt? Aber ein gewisser Verwaltungskostenanteil ist notwendig, um zum Beispiel die Spender über die Mittelverwendung zu informieren – zum Beispiel durch einen umfangreichen Jahresbericht mit den Finanzzahlen. Deshalb gilt: Administrationskosten von über 20 Prozent sind zu viel. Alles unter zehn Prozent ist lobenswert, wobei damit nicht eine wirklich effektive Arbeit zum Ausdruck kommt. Deshalb kann die Auswahl, wem Geld gespendet wird, nicht allein über die Verwaltungskosten erfolgen. Zu hohe Ausgaben für Werbung und Verwaltung sind allerdings immer ein kritisches Zeichen und sollten zur Vorsicht mahnen.

8. Spendenhöhe. Nicht nur die Frage, wem das Geld gespendet wird, erfordert gewisse Überlegungen. Auch die Spendenbereitschaft insgesamt, die Spendenhäufigkeit und die Höhe einer einzelnen Spende sind zu bedenken. Dabei ist es empfehlenswert, ein jährliches Budget festzulegen. Wer wirklich Gutes Tun will, könnte ein oder zwei Prozent seines zu versteuernden Einkommens für sich definieren. Aber unabhängig vom Gesamtbetrag sollten Einzelspenden nicht zu klein ausfallen. Drei Überweisungen von jeweils 20 Euro sind besser in eine Überweisung mit 60 Euro zusammenzufassen. Das reduziert die Verwaltungskosten. Erst ab Zahlungen von über 100 Euro lohnt die Überlegung der Splittung.

9. Dauerspenden. Die höchste Kunst der Zuwendung ist die Dauerspende. Nachdem ein Spender sich mit einer Organisation wirklich beschäftigt hat, kann er diese durchaus langfristig unterstützen. Dadurch kann das Management mit regelmäßigen Einnahmen planen und so effektiver den Vereinszweck verfolgen. Gerade Projekte mit langfristigem Bezug zur Selbsthilfe erfordern eine planbare Einnahmensituation. Das wird zum Beispiel durch monatliche oder vierteljährliche Einzugsermächtigungen erreicht. Auch die Patenschaft ist eine sehr gute Form der Dauerspende. Allerdings ist gerade bei Patenschaften erhebliches Know-how der Organisation erforderlich, um zum Beispiel Neid und ähnliche Probleme einer Zuwendung an ein Kind in einer Dorfgemeinschaft zu vermeiden.

10. Sachspenden. Wohin mit den alten Kleidern oder Schuhen, die eigentlich noch nutzbar wären? Der Gedanke es an Bedürftige zu geben, ist nahe liegend. Doch Altkleidersammlungen können die Bemühungen zum Aufbau einer eigenen Textilindustrie in Entwicklungsländern zerstören. Außerdem werden viele Altkleidersammlungen von kommerziellen Unternehmen durchgeführt, weil damit viel Geld zu verdienen ist. Und selbst das Logo einer karitativen Einrichtung ist kein Schutz davor, weil diese häufig die Altkleider weiterverkaufen. Besser ist es deshalb, seine noch tragbaren Textilien an Kleiderkammern abzugeben, die wirklich Bedürftige unterstützen. Eine andere Möglichkeit ist der Secondhand-Laden. Und natürlich nicht vergessen: Der Erlös aus dem Verkauf wird anschließend gespendet.

11. Katastrophen. Noch nie wurde in Deutschland so viel gespendet wie nach der Tsunami-Katastrophe Ende 2004. Doch diese lobenswerte Hilfsbereitschaft wirft auch Probleme auf. Denn nicht jede Organisation war wirklich in der Lage, das Geld sinnvoll in der betroffenen Region auszugeben. Vor einer Spende sollte deshalb ein kurzer Blick in den letzten Jahresbericht eines Vereins geworfen werden, ob dieser auch schon vor der Katastrophe vor Ort tätig war. Außerdem sollte ein Spender nicht sein Budget von einem Jahr für Katastrophefälle verwenden. Denn diese Spenden sind zweckgebunden und müssen zeitnah ausgegeben werden. Oft sinnvolle langfristige Hilfe ist damit nicht möglich.

12. Kindererziehung. Für Eltern gibt es nichts Wichtigeres als ihre Kinder. Um ihnen später ein zufriedenes und erfülltes Leben zu ermöglichen, wird viel Zeit und Geld in Ausbildung und Erziehung investiert. Dazu gehört natürlich eine Sensibilisierung für hilfsbedürftige Menschen. Nur wem bewusst ist, wie gut es ihm geht, kann glücklich und zufrieden sein. Deshalb sollten sich durchaus schon Kinder mit dem Thema beschäftigen. Ein guter Weg wäre zum Beispiel, ein „13. Monats-Taschengeld“ mit der Bedingung auszuzahlen, dass dieses an eine gemeinnützige Organisation gespendet werden muss. Eine andere Idee wäre, in der Familie einen „Spendenrat zu gründen“, der über die Verwendung des jährlichen Zuwendungsbudgets entscheidet. Selbstverständlich unter Beachtung dieser Spendentipps.

CW-Meinung. „Wer etwas gibt, bekommt es doppelt zurück.“ Diese schöne alte Volksweisheit ist leider zu sehr in Vergessenheit geraten. Deshalb sollte sich zum Beispiel jeder in einem Industrieland Geborene überlegen, wie viel er freiwillig an Menschen mit weniger Glück abgibt – natürlich immer gemessen an seinen Möglichkeiten. Das kann beispielsweise ein bestimmter Prozentsatz des persönlichen Jahreseinkommens sein. Natürlich ist auch jede andere Form legitim, um ein bestimmtes Budget festzulegen. Erst danach ist über die Verwendung nachzudenken. Und das erfolgt im Eigeninteresse natürlich nicht nur anhand des Vereinszwecks. Das Mindeste ist, zumindest mal einen Blick in den Jahresbericht einer ausgewählten Organisation zu werfen. Natürlich können auch die kostenlosen Informationen von unabhängigen Marktbeobachtern wie CharityWatch.de herangezogen werden.