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Für eine bessere Spendenkultur
2/13/2012 von Karin Burger
Archivtext

Netzwerk Friedenssteuer e. V.

Besserung versprochen

Das Vereinslogo
Bild: Netzwerk Friedenssteuer

Ein interessantes Projekt bietet der Verein Netzwerk Friedenssteuer e.V. in München an: Der Träger des Aachener Friedenspreis 1993 hat sich das Erwirken einer gesetzlichen Regelung zum Ziel gesetzt, die dem Einzelnen zusichert, dass kein Cent seiner Steuern in die Rüstung fließt. Denn niemand dürfe gegen sein Gewissen gezwungen werden, mit Steuern Militär und Rüstung zu finanzieren. Dem Projekt liegt also eine pazifistische Haltung zugrunde. Der Wandel hin zu dem beschriebenen Ziel soll durch Steuerverweigerung und Steuerumleitung, durch die Gesetzes-Initiative „Zivilsteuer statt Militärsteuer“ und durch Musterprozesse bewirkt werden. Um über die Vereinsarbeit zu informieren, erscheint zweimal jährlich die Zeitschrift „Friedenssteuer-Nachrichten“. Der Frieden zwischen dem Verein und einem seiner Spender wurde kürzlich jedoch durch eine „Zahlungserinnerung Dauerspende Friedenssteuer-Nachrichten“ gestört.

Gewachsene Initiative. Die von der Mitgliederversammlung gewählte und ehrenamtlich tätige Geschäftsführerin des Vereins, Katharina Rottmayr, reagiert prompt und ausführlich auf die Presseanfrage von CharityWatch.de. Gewisse, inzwischen als korrekturbedürftig erkannte Gepflogenheiten des Vereins erklärt sie aus dem bis 2003 lose organisierten Zusammenschluss als Initiative ohne Vereinsform. Mit der Vereinsgründung wurde als Zweck die Förderung der Völkerverständigung durch Mitgliedschaft und Mitarbeiter in der internationalen Nichtregierungsorganisation CPTI (Conscience and Peace Tax International), die Förderung von Wissenschaft und Forschung hinsichtlich staats-, verfassungs- und steuerrechtlicher Aspekte sowie die Förderung der Volksbildung festgeschrieben. Besonders bemerkenswert: Der Verein erhebt keinen Mitgliedsbeitrag.

Zahlungserinnerung. Eine Unterstützerin des Vereins wandte sich mit einer „Zahlungserinnerung Friedenssteuer-Nachrichten“ an CW, welche sie von dem Verein erhalten hatte. Darin wird der Bezug der Vereinszeitung „Friedenssteuer-Nachrichten“ mit einer Mindestspende von zehn Euro pro Jahr verknüpft. Diese Verbindung ist jedoch nicht zulässig, denn Spenden sind immer freiwillig und dürfen nicht an eine Sach- oder Dienstleistung gekoppelt werden. Wie bei Rechnungen im normalen Wirtschaftsverkehr verwendet die Zahlungserinnerung sogar die Formulierung, der ausgebliebene „Kostenbeitrag“ sei „sicher ein Versehen“ gewesen. Im unteren Teil der Zahlungserinnerung werden dann verschiedene Zahlungswege angeboten.

Ton vergangener Zeiten. Rottmayr erklärt vor dem Hintergrund des einst losen Zusammenschlusses, der allerdings schon seit neun Jahren durch die Vereinsform ersetzt wurde, die Zahlungserinnerung „bezieht sich im Ton eher auf sich kennende und miteinander arbeitende Menschen als auf formale Spenden-Beziehungen“. Hinsichtlich der unzulässigen Verknüpfung zwischen Spenden und Bezug der Friedenssteuernachrichten räumt die Geschäftsführerin ein, dass diese unglücklich gewählt sei und zu Missverständnissen führe: „Wir werden die Formulierung ändern“. Auch die Formulierung mit dem Versehen werde es künftig nicht mehr geben. Rottmayr hebt hervor: „Wenn sich dadurch jemand unter Druck gesetzt fühlt, ist das sehr peinlich für uns und liegt absolut nicht in unserer Absicht.“

Erfolgreiche Strategie. Das liest sich im Geschäftsbericht etwas anders, denn auch dort wird die als „Erinnerungsbrief“ titulierte Zahlungserinnerung erwähnt: „Diesmal haben wir rund die Hälfte der Empfänger mit einem Erinnerungsbrief an die Mindestspende bedacht, wodurch mehr Rückmeldungen als bisher eingegangen sind, einige mit der Erklärung zur Dauerspende, aber auch viele mit der Mitteilung, dass sie nichts spenden können oder wollen.“

Informationswunsch vorherrschend. In der Versandpraxis der Vereinszeitschrift habe der Verein bisher immer der Informationsmöglichkeit der Unterstützer den Vorrang eingeräumt und keine Rücksicht auf den Zahlungseingang genommen, erklärt Rottmayr das bisherige Vorgehen in der Presseauskunft: „Der Wunsch, unsere Infos an die Frau und an den Mann zu bringen, ist für uns wichtiger als eine eingegangen Zahlung.“ Deshalb erhielten keineswegs nur Spender die Zeitung.

Listenfehler. Im vorliegenden Fall jedoch war es nach Angaben des CW-Lesers so, dass dieser sehr wohl gespendet hatte und dennoch „erinnert“ wurde. Dies erklärt die Geschäftsführerin mit „einem Listenfehler bei mir“ und drückt dem Betroffenen ihr Bedauern aus. „Wir legen die Spendenbitte beim Versand der Zeitung bei, so dass es beim Versand auch zu unbeabsichtigten Einlagen kommen kann“, erklärt der Verein.

Kein Geschäftsbericht online. Wer sich im Internet über Netzwerk Friedenssteuer e. V. informieren möchte, findet zwar eine in der Sachinformation breit angelegte Vereinswebsite, einen Geschäftsbericht mit Finanzzahlen jedoch gibt es dort bisher nicht. Das soll sich aber in diesem Jahr ändern, wie Rottmayr in der Presseauskunft verspricht: „Ihr Hinweis führt bei uns dazu, dass wir den jährlichen Geschäftsbericht ab 2012 auf unsere Internetseite stellen.“ Auf erneute Anforderung erhielt CW einen Geschäftsbericht mit Finanzzahlen für 2010.

Maximum der Ehrenamtspauschale. Die Einnahmen des Vereins in Höhe von knapp 15.000 Euro fließen komplett an die verschiedenen Organe des Vereins: an den Vorstand, Regionen, Gruppen und Arbeitsgruppen. 2007 führte die Bundesregierung die so genannte Ehrenamtspauschale als Anreiz für das Ehrenamt ein. Der Verein Netzwerk Friedenssteuer genehmigt seinen Vorstandsmitgliedern auch gemäß einer entsprechenden Satzungsänderung trotz vergleichsweise geringer Einnahmen gleich das Maximum der Pauschale in Höhe von 500 Euro. Diese sei, so bestätigt der erste Vorsitzende Friedrich Heilmann schriftlich, jedoch nur von zwei Vorstandsmitgliedern in Anspruch genommen worden. Überdies wird noch vier „beauftragten Einzelpersonen“ diese Vergünstigung eingeräumt, von denen eine die Pauschale abgerufen habe. Die tatsächlich abgerufenen Ehrenamtspauschalen machen 1.500 Euro und mithin zehn Prozent der Gesamteinnahmen aus. Hätten alle Vorstände und alle beauftragten Einzelpersonen diesen Bonus abgerufen, hätte das die Kasse mit 3.500 Euro und 23 Prozent der Vereinseinnahmen belastet. Neben den über 4.000 Euro für Verein und Vorstand sind knapp 4.800 Euro für die Arbeitsgruppe Rechtswege und 3.400 Euro für die Arbeitsgruppe Öffentlichkeitsarbeit die größten Ausgabenposten.

CW-Meinung. Durch die offene und konstruktive Reaktion auf die kritische Presseanfrage konnte der Verein Netzwerk Friedenssteuer die durch die „Zahlungserinnerung Dauerspende“ aufgebrachten Zweifel zunächst zerstreuen. Die Zusicherung, hier sofort Abhilfe zu schaffen, klingt überzeugend. Wie jedoch in diesem Verein mit der im bundesweiten Vergleich von wenigen Vorständen in Anspruch genommenen Ehrenamtspauschale umgegangen wird, irritiert. Warum genehmigen sich die Vorstände gleich das Maximum mit 500 Euro, wenn die Einnahmen des Vereins unter 15.000 Euro liegen? Überhaupt fließen die Einnahmen komplett an die verschiedenen Funktionsträger und Arbeitsgruppen des Vereins, ohne dass der Geschäftsbericht diese Beträge als Kostenersatz kenntlich macht. Spender und Unterstützer des Netzwerk Friedenssteuer sollten sich die vorliegenden Zahlen ganz genau ansehen und erklären lassen, bevor sie entscheiden, ob sie einen Verein mit dieser Finanzpolitik unterstützen möchten.

Nachtrag vom 21. Mai 2012; mitgeteilt von Netzwerk Friedenssteuer. Die Mitgliederversammlung vom Netzwerk Friedenssteuer e.V. hat am 18. März 2012 auf dem Hintergrund der Anfragen von CharityWatch.de beschlossen: "Die praktizierte Verknüpfung einer 10-Euro-Spende mit der Zusendung der Vereinszeitung Friedenssteuer-Nachrichten wurde beendet. Es wird beschlossen, ab der Mitgliederversammlung 2012 den Geschäftsbericht mit den Finanzzahlen zum entlasteten Haushaltsjahr auf der Homepage des Vereins zu veröffentlichen. Der Satzungsbeschluss vom 28. Oktober 2010 zur Zahlung einer Ehrenamtspauschale von maximal 500 Euro im Jahr wird bekräftigt: Der Haushaltsplan sieht die Zahlung der Ehrenamtspauschale an die Vorstandsmitglieder oder an dauerhaft bzw. nachhaltig tätige Einzelbeauftragte vor, sofern sie beantragt wird." Die drei Personen, die die Ehrenamtspauschale bekommen haben, arbeiten seit Jahren ehrenamtlich in einem Volumen einer Teilzeitstelle und wir haben leider nicht ausreichend Geld, um sie anstellen zu können. Daher bekamen sie 2011 eine im Verhältnis zum Aufwand bescheidene finanzielle Anerkennung."
Friedrich Heilmann, Vorstandsvorsitzender