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Für eine bessere Spendenkultur
12/17/2010 von Karin Burger
Archivtext

Dobermann Rescue Hungaria e.V.

Vorbildlicher Auslandstierschutz

Hilfsgüter für Ungarn
Bild: Dobermann Rescue Hungaria

Der Verein Dobermann Rescue Hungaria (DRH) wurde erst 2008 gegründet. Er kümmert sich um Hunde der Rasse Dobermann in Ungarn. Die Professionalität und Effizienz dieses Tierschutzvereins trägt viele Merkmale: ein profundes und überzeugendes Konzept für den Tierschutz vor Ort, ein klar umrissenes Ziel, effiziente Sachlichkeit und konsequente Transparenz. Wenn diese Tierschützer jetzt noch zwei formalrechtliche Defizite ausgleichen, positionieren sie sich an der Spitze dessen, was unter vorbildlichem Auslandstierschutz zu verstehen ist.

Definierte Strukturhilfe. Die klare Gliederung dieses Vereins ergibt sich aus der definierten Zielsetzung: Zehn Jahre nach der Vereinsgründung 2008 sollen der ungarische Partnerverein sowie die Tierschutzvereine dort selbstständig arbeiten können. Auf dieses Ziel hin ist die gesamte Arbeit von Dobermann Rescue Hungaria ausgerichtet. So gibt es schon jetzt ein DRH-Team in Ungarn, bestehend aus sieben ungarischen Landsleuten. Sie betreuen die Vereinshunde vor Ort, nehmen Notfälle auf, koordinieren die Pflegestellen in Ungarn, organisieren die Touren und Transporte. Weitere Aufgaben sind die Kontaktpflege zu Tierschutzvereinen und Tierheimen in Ungarn, die Ermittlung des Hilfsgüterbedarfs und dessen Verteilung.

Vermittlung vor Ort. Ein relatives Novum in der Auslandstierschutzszene ist das Ziel, die aufgenommenen Hunde auch in Ungarn zu vermitteln. Die erste Vorsitzende, Sabine Winklmann, verbucht es dabei als Erfolg, dass es unter den ungarischen Dobermann-Interessenten geradezu als Auszeichnung gilt, von diesem deutschen Verein und seinen Kooperationspartnern im Land einen Hund zu erhalten. Dabei werden die Interessenten dort nach den gleichen Kriterien geprüft wie in Deutschland. Sabine Winklmann skizziert den Weg: „Unser Ziel ist es, dass nicht mehr so viele Hunde nach Deutschland müssen. Bis 2015 muss die Versorgung und Vermittlung von Tierschutz-Dobermännern in Ungarn auf soliden Füßen stehen, Dann hätten wir unser Ziel erreicht.“

Hilfsgüter tonnenweise. Bis zur Autonomie der ungarischen Partnervereine ist es aber noch ein weiter Weg. Diesen Weg zu ebnen, transportiert DRH jährlich zwischen sechs bis acht Tonnen Hilfsgüter nach Ungarn: Futter, Decken, Hundezubehör, Medikamente. Derzeit sind es zwischen vier und sechs Tierheime, die vom Verein unterstützt werden: die Tierheime in Szeged, Budaörs und Lovasbereny sowie der Tierschutzverein Lelenc Kutyamentoe Egyesület in Budapest. Darüber hinaus werden noch weitere, kleinere Tierheime und Tierschutzvereine je nach Situation unterstützt. Für die objektive Beurteilung der Bedürftigkeit zeichnet das ungarische Vereinsteam verantwortlich. Der Aufbau autonomer Tierschutzstrukturen in Ungarn erfolgt aber auch durch die direkte Unterstützung mit Geld. Auch die Behandlungskosten von Dobermännern in Ungarn werden je nach Kassenlage durch den deutschen Verein übernommen.

Zuchtverband kooperiert. Bei dieser klar konzipierten Strukturhilfe vor Ort hat das Team um Sabine Winklmann etwas erreicht, was es noch nicht einmal in Deutschland gibt: die Kooperation des ungarischen Dobermann-Rassezuchtverbandes. Dieser unterstützt die Tierschützer mit Spenden. Außerdem dürfen sie ihre Schützlinge in den Publikationen des Verbandes inserieren. Damit anerkennen die ungarischen Züchter, anders als ihre deutschen Kollegen, dass auch vom Verband gezüchtete Hunde zu Tierschutzfällen werden. Diese Kooperation ist ein Riesenerfolg.

Professionelle Kontrollen. Auch ein weiteres wichtiges Kriterium seriöser Tierschutzarbeit erfüllt DRH: Es werden obligatorisch und professionell Vor- und Nachkontrollen durchgeführt, sowohl in Ungarn wie in Deutschland. Dabei verzichtet Sabine Winklmann auf zwar engagierte, aber fachlich nicht kompetente Netzwerke für diese Arbeit. Einen Großteil der Besuche in Deutschland erledigt sie selbst, auch wenn das oft weite Fahrten durch die gesamte Republik bedeutet. Und schon die Infotexte für Interessenten auf der Website des Vereins dokumentieren, dass diese Tierschützer Vollprofis sind, wenn humorig darauf verwiesen wird, dass keine Vermittlungen an Herrn Jaaber, Herrn Keinproblem und Frau Ichgingdavonaus erfolgen.

Mustergültige Transparenz. Die Arbeit des Vereins transparent zu machen, ist eine Selbstverständlichkeit, die sich nicht erst durch die offene und kooperative Reaktion auf die Anfrage von CharityWatch.de zeigt. Die Einnahme-Überschuss-Rechnung 2009 ist für jedermann auf der Vereinswebsite einsehbar. Alle angeforderten Unterlagen, Bilanzen und Bescheide wurden prompt zur Verfügung gestellt. Sabine Winklmann ließ keine Fragen offen.

Finanzieller Kraftakt. DRH ist ein sehr junger Verein, der mit seinen vergleichsweise geringen Mitteln viel stemmt. Die Einnahmen in Höhe von knapp 45.000 Euro setzen sich hauptsächlich aus Spenden (40.600 Euro) sowie marginal aus vereinnahmten Schutzgebühren (4.100 Euro) zusammen. Bei den Ausgaben machen Tierarztkosten in Höhe von 24.000 Euro den größten Posten aus, gefolgt von den Unterbringungskosten für die Hunde (11.400 Euro). Dabei ist zu berücksichtigen, dass für Pflegeplätze in Ungarn die Futterkosten übernommen werden müssen. Die jährlich mehrfach stattfindenden Fahrten der Tierschützer nach Ungarn finden sich überhaupt nicht in den Ausgaben wieder. Der Posten Fahrtkostenerstattung in Höhe von 650 Euro entsteht für Fahrten in Ungarn durch die Pflegestellen. Bei DRH wird kein Geld für Mitgliederwerbung, Spendenakquisition oder Verwaltung ausgegeben.

Erfüllte Ethikgrundsätze. Was es bei diesem Verein auch nicht gibt, das sind grausame Bilder auf der Website sowie viele und an furchtbare Einzelschicksale gekoppelte Spendenaufrufe. Der gesamte Internetauftritt ist gekennzeichnet von Unaufgeregtheit und hohem Informationsgehalt. Die veröffentlichten Reiseberichte schildern in aller Sachlichkeit die örtlichen Gegebenheiten. Vielmehr ist es gerade diese Nüchternheit, die das Elend eindrücklich macht. Sabine Winklmann hat auch hier professionelle Grundsätze: „Wie werben nur für Hunde, die schon in unserem Eigentum stehen. In ganz seltenen Ausnahmefällen erfolgt dann auch der ausdrückliche Hinweis, dass dies nicht so ist.“ Die Vorsitzende hält es für bedenklich, Spender mit furchtbaren Schilderungen von Hunden in Tötungsstationen unter Druck zu setzen: „Bis man das Geld dann endlich gesammelt hat, ist der Hund oft genug schon nicht mehr greifbar und die Spender wissen gar nicht, was mit dem Geld passiert.“

Keine Registriernummer. Bei aller Professionalität und den nachweisbaren Erfolgen der Arbeit dieses Vereins verwundert es etwas, dass DRH bisher die Anforderungen an die legale Einfuhr der Hunde nicht erfüllt. Weder hat der Verein eine Registriernummer gemäß Binnenmarkt-Tierseuchenschutzverordnung noch werden die Transporte, wie vorgeschrieben, an Traces gemeldet. „Wir müssen zugeben, dass wir das bisher aufgrund der vergleichsweise eher geringen Anzahl von Hunden bis zum Mai 2010 als nicht nötig angesehen haben. Das hat sich natürlich geändert“, erklärt Sabine Winklmann. Den ersten Schritt hin zur vollständigen Legalisierung hat sie auch schon getan mit der Absolvierung des Sachkundenachweises nach Paragraph 11 Tierschutzgesetz. Da die Vorsitzende selbst nicht als Pflegestelle fungiert, war diese Eingangsvoraussetzung bisher nicht zwingend notwendig. Hinsichtlich der Meldungen bei Traces konstatiert die Ungarn-Expertin Probleme im Land, „weil selbst die Landestierärztekammer in Ungarn bisher keine wirklich fundierten Aussagen dazu machen kann.“ Diese Erfahrungen werden von anderen in Ungarn arbeitenden Tierschützern allerdings nicht bestätigt.

Eingeschränkte Kontrolle. Ein weiteres Manko des Vereins ist die Tatsache, dass beide Vorstandsposten vom Ehepaar Sabine (1. Vorsitzende) und Rolf (2. Vorsitzender) Winklmann besetzt werden. Die Vereinschefin rechtfertigt diese Ämterdopplung mit dem Verweis auf ein aus ihrem Privatvermögen gefülltes Treuhandkonto, das den ungarischen Partnern auch in ihrem Todesfall ermöglichen würde, die Arbeit fortzusetzen. Die Verfügungsgewalt darüber möchte sie keinem Dritten anvertrauen. Tatsächlich jedoch gäbe es aber für dieses Problem auch andere Lösungen.

CW-Meinung. Dobermann Rescue Hungaria ist eine junge, klar strukturierte Tierschutzorganisation mit schon beachtlichen Erfolgen. Grundsätze, Aufbau und Zielsetzung der Tierschutzarbeit im Ausland, ausdrücklich nur Ungarn, sind nahezu vorbildlich und in dieser übersichtlichen und definierten Struktur selten zu finden. Im krassen Gegensatz zu dieser Professionalität und Effizienz stehen die beiden formalrechtlichen Defizite des bisher nicht legalisierten Hundeimports sowie der Dominanz des Ehepaars Winklmann im Vorstand des Vereins. Schon vor der Anfrage durch CW waren die Verantwortlichen jedoch nachweislich dabei, ihre Versäumnisse im Bereich legale Einfuhr zu beheben. Dieser Verein besitzt großes Potenzial. Deshalb ist zu hoffen, dass die Verflechtungen im Vorstandsbereich gelöst werden und sich die bisher so erfolgreiche Arbeit fortsetzt. Sobald diese Mankos beseitigt sind, wird CharityWatch.de den Verein gerne erneut prüfen und dann hoffentlich eine Empfehlung aussprechen können.

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