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Für eine bessere Spendenkultur
11/23/2010 von Stefan Loipfinger
Archivtext

Gandhi Hunger Fonds e.V.

Zweifel am Enkel von Mahatma Gandhi

Vereinlogo mit Mahatma Gandhi
Bild: Gandhi Hunger Fonds e.V.

Bereits 2008 hat Arun Gandhi, der Enkel von Mahatma Gandhi, den Verein Gandhi Welthungerhilfswerk gegründet. Die Deutsche Welthungerhilfe hat den Verein allerdings markenrechtlich abgemahnt und zur Unterlassung aufgefordert. Deshalb wurde der Name nun in Gandhi Hunger Fonds e.V. geändert. Ein holpriger Start, der noch andere Ursachen hatte. Im Juni dieses Jahres – fast zwei Jahre nach der Gründungsversammlung – sprach Rechtsanwalt Dr. Carsten Veenker in einem Brief an das Vereinsregister Berlin-Charlottenburg von hoffentlich nun ausgeräumten „Eintragungshindernissen“. Trotzdem hat der nicht gemeinnützige Verein schon vorher massenweise Bettelbriefe verschicken lassen.

Hintergrund. Mahatma Gandhi ist ein Sinnbild für gewaltfreie Veränderungen. Seine Haltung half, 1946 die Unabhängigkeit Indiens von der Herrschaft des Britischen Königreichs zu erreichen. Der in den USA lebende Enkel Arun Gandhi hat sich ebenfalls große Ziele gesetzt: Kein Kind dieser Welt soll Hunger leiden. Deshalb gründete er zusammen mit anderen US-Bürgern am 7. Juli 2008 in Berlin das Gandhi Welthungerhilfswerk, das zwischenzeitlich Gandhi Hunger Fonds e.V. heißt. Die in Bonn und Berlin residierenden Rechtsanwälte von Schmitz Knoth, die noch eine Reihe anderer zweifelhafter Organisationen beraten, sind bei der Gründung bevollmächtigt worden. Als Vereinsadresse diente die Berliner Anschrift der Anwaltskanzlei. Gründungsmitglied Erica Barnes taucht ebenfalls beim umstrittenen Mutter Teresa Kinderhilfswerk auf, bei dem Nathan Barnes als stellvertretender Vorstandsvorsitzender fungiert. Rechtsanwalt Dr. Carsten Veenker erscheint hier wie dort als Vertreter der Kanzlei.

Verein. Der im US-Bundesstaat New York lebende Arun Gandhi wurde von den sieben Vereinsmitgliedern als Vorsitzender gewählt. Sein Stellvertreter ist der im kalifornischen Santa Clara wohnende Lue Tao. In Lexington, Kentucky lebt der Schatzmeister Cletus Puckett. Praktischer Weise fanden deshalb die außerordentlichen Mitgliederversammlungen im November 2008 und Februar 2010 im kalifornischen San Jose statt. Immer wieder wurde die Satzung geändert. Das Vereinsgericht hatte außerdem offenbar Einwände gegen die Bevollmächtigung der Rechtsanwaltskanzlei. Anwalt Veenker teilte dem Amtsgericht Charlottenburg im November 2008 mit: „Der Verein ist bemüht, am frei gewählten Sitz in Berlin insbesondere auch ansässige Mitglieder für die vor Ort Betreuung zu akquirieren.“ Bis August dieses Jahres ist das allerdings nicht passiert, da der Verein zu diesem Zeitpunkt noch immer die sieben Gründungsmitglieder aufwies. Durchaus begründet scheinen die Einwände des Amtsgerichts angesichts der außerordentlichen Mitgliederversammlung im August 2010. Damals wurde erneut die Satzung geändert. Da dies auch den Vereinszweck betraf, hätte eine Änderung laut Satzung die Zustimmung aller Mitglieder benötigt. Die Anwesenheitsliste weist allerdings nur Unterschriften von drei der sieben Mitglieder aus. Dazu befragt konnte Barbara Meier von der Vereinshotline nichts sagen. Der versprochene Rückruf blieb aus.

Fundraising. Eine weitere Verbindung zu anderen fragwürdigen Organisationen liefert die Versenderin der Bettelbriefe: smartAdress aus St. Gallen, Schweiz, die zur SAZ-Gruppe gehört. Wie hoch die Kosten für die Aktionen bisher waren, ist nicht bekannt, weil der Verein keinen Jahresbericht mit Finanzzahlen zur Verfügung stellt. Vermutlich sind diese allerdings erheblich. Gandhi Hunger Fonds wird häufig gefragt, warum „Hilfseinrichtungen so viel Geld für das Sammeln von Spenden“ ausgeben. In der Antwort argumentiert der Verein mit einer „Investition“, die dem Spender in den Bettelbriefen selbst aber verschwiegen wird. Dort steht plakativ: „20 Euro helfen 90 Mahlzeiten bereitzustellen“. Doch wie viel muss jemand spenden, damit wirklich 20 Euro bei armen Kindern ankommen? Häufig fragen Empfänger der Rundschreiben auch danach, warum diese „manchmal so drastisch emotional sind“ und warum diese „nicht mehr Informationen“ enthalten. Ebenfalls ein Zeichen für Unseriosität, wenn mit drängenden Bildern und Texten gearbeitet wird. Übrigens: Die Information der Öffentlichkeit mit Rundbriefen ist ebenfalls als Vereinsziel definiert. Folglich können erhebliche Teile der Kosten als satzungsgemäße Ausgabe verbucht werden. Bei den armen Kindern fehlt aber dieses Geld.

Gemeinnützigkeit. Gandhi Hunger Fonds beschreibt sich selbst als Nichtregierungsorganisation „gemäß Definition der Vereinten Nationen”. Sie ist als „nicht auf die Gewinnerzielung ausgerichteter Verein organisiert“. Das heißt aber nicht, dass Dienstleister wie Schmitz Knoth oder smartAdress keine guten Geschäfte mit dem Geld der Spender machen. Letztere gehört zur international agierenden SAZ-Gruppe, die weltweit jährlich mehr als 100 Millionen Franken erwirtschaftet. Aus Sicht der Spender ist allerdings vor allem relevant, dass Gandhi Hunger Fonds e.V. nicht als gemeinnützig anerkannt ist. Der steuerliche Abzug von Spenden ist damit untersagt.

Bildungswerk. Arun Gandhi ist zusammen mit seiner Ehefrau in Deutschland mit einer weiteren Firma aktiv: Arun und Sunanda Gandhi Bildungswerk UG. Diese haftungsbeschränkte Unternehmergesellschaft mit einem Stammkapital von 100 Euro (Stand Bilanz 2009) wird von Stephen Engelking geführt: „Berufsausbildung für Kinder zu fördern und ihre Eltern zu unterstützen stehen im Mittelpunkt der Arbeit.“ Dafür gesucht wird natürlich Geld in Form von Patenschaften, Spenden, Firmensponsoring und Erbschaften. Mit der Aktion „Fruits for Kids“ werden außerdem Früchte verkauft – in der Wintersaison zum Beispiel Orangen aus natürlichem Anbau in Sizilien.

CW-Meinung. Immer wieder übernimmt die Rechtsanwaltskanzlei Schmitz Knoth Mandate von Spenden sammelnden Organisationen, deren Vorstände/Geschäftsführer in den USA sitzen. Wie praktisch, dass die zum Teil als Fundraiser fungierende SAZ-Gruppe in Maryland und in Kalifornien mit der Creative Direkt Marketing International (CDMI) ein Schwesterunternehmen vorweisen kann. Aus Spendersicht entscheidend ist aber die Gemeinsamkeit, dass sich die CharityWatch.de bekannten Organisationen durch mangelhafte Transparenz auszeichnen. So auch bei Gandhi Hunger Fonds, die außerdem durch drängende und übertrieben emotionale Bettelbriefe auffallen. Arun Gandhi bittet darin um eine „größtmögliche Spende“ ohne zu sagen, wie viel oder vermutlich wie wenig davon bei den hungernden Kindern ankommt. Auffallend und ein klares Warnsignal sind in diesem Zusammenhang auch die nichtssagende Formulierungen zu Projekten: „Zu diesem Zweck unterstützen wir Programme und Vorhaben, die unsere Hilfszwecke verfolgen.“ Konkrete Beträge oder sogar Angaben zu Projektquoten werden verschwiegen. Vielleicht sollte Arun Gandhi sich mal näher mit den Zitaten seines Großvaters beschäftigen. Eines seiner bekannteren lautet: „Ohne Wahrheit kann es keine Erkenntnis geben.“