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Für eine bessere Spendenkultur
11/12/2010 von Stefan Loipfinger
Archivtext

Deutsche Parkinson Vereinigung e.V. (dPV)

Nachgehakt: Öffentliche Kritik ist leider verhallt

Das Logo des Vereins
Bild: dPV e.V.

Ein von Insidern verfasstes „Schwarzbuch“ erzeugte einigen Presserummel im Mai dieses Jahres. Der Spiegel griff das Thema auf und sprach von Verschwendung bei der Deutschen Parkinson Vereinigung (dPV). Auch andere Zeitungen äußerten sich kritisch, was den Geschäftsführer Friedrich-Wilhelm Mehrhoff in Erklärungsnöte brachte. Der Rechtsanwalt konterte damals mit der juristischen Prüfung der Vorwürfe. CharityWatch.de hat nun nachgefragt, was daraus wurde. Eine Antwort lieferte Mehrhoff allerdings nicht. Offenbar war doch einiges dran an den Vorwürfen.

Schwarzbuch. In einem Vorwort hat der Mediziner Dr. Walter Dresch formuliert, dass er im Interesse seiner Patienten wissen möchte, „nach welchen finanziellen Zuwendungen ein Experte seine Meinung zum Besten gibt“. Ein zentraler Kritikpunkt an der dPV ist die „Undurchsichtigkeit der Informationsarbeit“. Die Autoren Paul Hansen und Ulrich Rudolph, beide selbst parkinsonkrank, zeigten dies an zahlreichen Beispielen auf. Eines betrifft das Vereinsorgan „dPV-Nachrichten“. Konzept, Redaktion und Gestaltung übernimmt ein ELLYOTT Medizin Verlag aus Hamburg. Zu den Kunden der ELLYOTT Pharmakommunikation gehören Unternehmen wie GlaxoSmithKline oder andere Pharmafirmen. Übrigens: dPV ist nicht der einzige Kunde von Lutz Johner. Beispielsweise der Verein Deutsche Krebsgesellschaft wird ebenfalls von dem Multitalent betreut, das Pharmafirmen auch bei der „Produkteinführung und –betreuung“ hilft.

Pressekritik. Der Spiegel kritisierte unter anderem das „üppige Salär” von Mehrhoff und die überdimensionierten Büroräume. Auf über 360 Quadratmetern residiert der Verein laut Spiegel mit vier Mitarbeitern. In Wirklichkeit sind es inklusive Lager „nur“ 355 Quadratmeter, wie der Verein in einer Presseinformation klar stellte. Die dPV-Vorstandsvorsitzende Magdalene Kaminski sprach im Vereinsmagazin vom Juli von unanständigen und unseriösen Recherchen des Magazins: „…die Behauptungen entbehren jeglicher Grundlage und jeglichem Wahrheitsgehalts.“ Das wiederum betrifft anscheinend nur das vom Spiegel zu hoch angegebene Gehalt von Mehrhoff. Zumindest legt diesen Schluss eine Gegendarstellung nahe, wonach das Gehalt aber immerhin noch bei etwas über 100.000 Euro liegt. Von einem „üppigem Salär“ zu sprechen, ist deshalb durchaus angebracht.

Stellungnahme. Groß angekündigte rechtliche Schritte werfen immer die Frage auf, welche Vorwürfe am Ende von einem Gericht als wahr oder falsch eingestuft werden. CharityWatch.de hat deshalb bei Mehrhoff nachgefragt, zu welchen Behauptungen einstweilige Verfügungen ergangen sind beziehungsweise Unterlassungserklärungen unterschrieben wurden. Interessant wäre vor allem, welche Aussagen aus dem 75-seitigen Schwarzbuch nicht mehr behauptet werden dürfen. Mehrhoff war zu einer Stellungnahme nicht bereit. Das wirft natürlich den Verdacht auf, dass wesentliche Vorwürfe unwidersprochen bleiben.

Finanzen. Über den Fortgang der öffentlichen Kritik hinaus versuchte CharityWatch.de sich selbst ein Bild von der Verwendung der Mittel zu machen. Auf Anfrage stellte dPV einen „Rechenschaftsbericht 2009“ zur Verfügung, der diesen Namen aber nicht verdient. Ein Verein mit 2,6 Millionen Euro Jahreseinnahmen sollte deutlich aussagekräftiger und korrekter über die Spendenverwendung berichten. Zum Beispiel wird in der entscheidenden Kuchengrafik zur „Verteilung der Ausgaben 2008“ von 18 Prozent Ausgaben für „Bußgelder“ berichtet. Für „Erbschaften“ wurden 19 Prozent ausgegeben. Verwirrend sind außerdem Jahresangaben, die 2008 und 2009 vermischen. Wie das alles zu verstehen sei, sollte Mehrhoff auf Anfrage aufklären. Fehlanzeige – auch dazu keine Stellungnahme vom dPV.

Gemeinnützigkeit. Eine ebenfalls unbeantwortete Frage betraf die Ausgaben in Höhe von 18 Prozent für „Mitgliederservices“. Wie zum Beispiel die Oberfinanzdirektion Niedersachsen in einem Merkblatt zur Gemeinnützigkeit schreibt, muss die Tätigkeit eines Vereins darauf ausgerichtet sein, die Allgemeinheit zu fördern. Mehrhoff war zu keiner Stellungnahme bereit, ob dieser Service für Mitglieder in Bezug auf die Gemeinnützigkeit ein Problem darstellen könnte.

CW-Meinung. Mehrhoff ist in verschiedenen Suchportalen für Anwälte mit der Adresse der Deutschen Parkinson Vereinigung geführt. Ob er als Rechtsanwalt in den Räumen der dPV arbeite, wollte er auf telefonische Nachfrage nicht beantworten. Aus Sicht der Mitglieder und Spender viel problematischer ist allerdings die Verweigerung von Auskünften in Bezug auf Mittelverwendung und den Beziehungen zur Pharmabranche. Was ist aus den angeblich haltlosen Vorwürfen im Schwarzbuch und von verschiedenen Medien geworden? Mehrhoff will auf Nachfrage nicht benennen, welche Punkte nicht mehr behauptet werden dürfen. Dabei entsteht der Verdacht, Mehrhoff könnte nur von unwiderlegbaren Vorwürfen ablenken wollen. Es wird deshalb Zeit, dass die zahlreichen ehrenamtlichen Mitarbeiter in über 450 Regionalgruppen und die rund 23.000 Mitglieder Konsequenzen einfordern. Die wichtige Arbeit einer der großen Selbsthilfe-Vereinigungen Deutschlands darf nicht durch das zweifelhafte Verhalten eines überbezahlten Geschäftsführers behindert werden.