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Für eine bessere Spendenkultur
10/4/2010 von Karin Burger
Archivtext

Stiftung Menschen für Tiere gUG

Tolldreiste Etiketten-Pirouetten

Die Projekte sind sehr global
Bild: © Roman Milert - Fotolia.com

Die Internetpräsenz der Stiftung Menschen für Tiere gUG Müllheim hat etwas Chamäleonhaftes. Zunächst stand auf der Startseite dieser ganz jungen Organisation, man habe beim DZI (Deutsches Zentralinstitut für soziale Fragen) das Spenden-Siegel beantragt. Auf Nachfrage beim DZI stellte sich dann heraus, dass es keinen Antrag dieser „Stiftung“ gibt. Dr. Elmar Breuer, Geschäftsführer der gemeinnützigen Unternehmergesellschaft Menschen für Tiere, erklärte diesen Hinweis auf der Startseite seiner Präsenz als „redaktionellen und formalen Fehler, der nicht wesentlich ist“ und löschte den Eintrag. Offensichtlich nur kurzfristig. Mit Stand 29. September findet sich diese unrichtige Behauptung erneut der Homepage des Unternehmens. Und es gibt noch mehr viel mehr Verwirrungen um diese „Nicht-Stiftung“.

“Nicht-Stiftung“. Nahaufnahme: Vertrauensvoll ruht die hellhaarige Hundepfote in der Menschenhand. Mit diesem Großbild quer über die Startseite wirbt die Stiftung Menschen für Tiere guG aus dem schwarzwäldischen Müllheim für ihr nahezu globales Anliegen: „Schutzprojekte für Wild- und Haustiere weltweit zu unterstützen“. Auffallend hierbei ist die Unbestimmtheit, denn dieses Anliegen ließe sich problemlos sehr vielen Tier- und Naturschutzorganisationen überschreiben. In die Irre führend ist der Begriff „Stiftung“, legt dieser doch per definitionem das Vorhandensein eines Vermögens nahe. Vermögen gibt es aber, abgesehen von den 900 Euro Stammkapital der gemeinnützigen Unternehmergesellschaft, nicht. „Stiftung“ ist bei der Menschen für Tiere gUG nur Teil des Namens. Hierbei wiederum interessant ist die grafische Gestaltung, denn sowohl auf der Startseite wie im Impressum wird der Begriff Stiftung nicht von den Anführungszeichen, beginnend beim Namensbestandteil „Menschen“ und endend beim Namensbestandteil „Tiere“, erfasst und legt somit noch einmal nahe, dass „Stiftung“ die Bezeichnung der Rechtsform sei und eben nicht Bestandteil des Namens.

Entschuldigung. Nachdem CharityWatch.de die schriftliche Bestätigung vom DZI vorlag, dass die Stiftung Menschen für Tiere gUG dort gar keinen Antrag auf Erteilung des Spendensiegels gestellt hat, wurde Dr. Elmar Breuer, Geschäftsführer dieser Organisation, um eine Stellungnahme zu der irreführenden Angabe gebeten. Der Tierarzt schrieb dazu am 6. September: „In der Tat hat sich während meines Urlaubes ein von mir unüberprüfter redaktioneller Übertragungsfehler durch unseren Website-Betreuer eingeschlichen, der bereits korrigiert wurde, wie Sie gegebenenfalls zu unserer Entlastung nachsehen mögen.“ Der in Müllheim eine Tierklinik betreibende Tierarzt entschuldigte sich für das Versehen. Die Homepage wurde geändert.

Rückfall. Drei Wochen später, am 29. September, steht der sowohl vom DZI wie von CharityWatch.de monierte Eintrag erneut auf der Homepage: „Wir sind aus gegebenem Anlass um die Zuteilung des Spendensiegels des DZI (Deutsches Zentralinstitut für soziale Fragen) zur Darlegung einer einwandfreien gemeinnützigen Arbeit bemüht und haben es somit beantragt. Die Erteilung des Spendensiegels wird aufgrund der zeitlichen Vorgaben des DZI jedoch noch bis ins Jahr 2013 dauern.“ Diese Aussage ist auch noch aus anderen Gründen sachlich nicht richtig. Zum einen wurde Dr. Breuer schon mit E-Mail vom 3. August vom DZI darüber informiert, „dass im Falle der Antragsberechtigung eine Beantragung des Spenden-Siegels frühestens nach Abschluss des Geschäftsjahres 2012 möglich wäre, sofern das Geschäftsjahr dem Kalenderjahr entspricht. Hinzu kommt, dass zum Zeitpunkt der Antragstellung ein Freistellungsbescheid des Finanzamts vorliegen muss (eine vorläufige Bescheinigung ist nicht ausreichend).“ Zum anderen weist Burkhard Wilke vom DZI ausdrücklich darauf hin: „Die Behauptung bezüglich angeblicher ‚zeitlicher Vorgaben’ des DZI ist für uns nicht ohne Weiteres nachvollziehbar (...). Individuelle Vorgaben macht das DZI grundsätzlich nicht. Allerdings sehen die Spenden-Siegel-Leitlinien vor, dass ein Spenden-Siegel-Antrag erst gestellt werden kann, wenn eine Organisation mindestens zwei vollständige abgeschlossene Geschäftsjahre dokumentieren kann.“

Fehlerursache. Auch eine weitere unrichtige Angabe wurde nach der Intervention von CharityWatch.de korrigiert. Im Impressum bezeichnete sich Dr. Elmar Breuer fälschlich als „1. Vorsitzender“. Da es sich aber um ein Unternehmen handelt, ist er korrekt Geschäftsführer. Diesen Lapsus deklarierte Dr. Breuer als „Fehler des Grafikers“. Das ist deshalb etwas irritierend, weil sich der vielseitige engagierte Tierarzt mit der Gestaltung von Websites ganz besonders gut auskennen sollte, denn schließlich betreut er ganz offiziell und unter „Vorstand“ aufgeführt auch die Webpräsenz des Mine-Ex Antipersonenminen-Projekts von Rotary. Nachdem dann zwischendurch das Impressum Dr. Breuer korrekt als „Geschäftsführer“ etikettierte, liest man mit Stand vom 29. September wieder die Bezeichnung „1. Vorsitzender“. Auch den Hinweis der Haftungsbeschränkung (Startseite) gibt es erst seit den Nachfragen von CharityWatch.de.

„gUG“? Das Kürzel „guG“ dürfte den meisten nicht geläufig sein. Es bedeutet „gemeinnützige Unternehmer-Gesellschaft“ und ist eine ganz neue Rechtsform, die mit dem Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts zum 1. November 2008 in Kraft trat. Juristische Experten weisen bei der guG auf den Drahtseilakt zwischen den gesellschaftsrechtlichen Bestimmungen, zum Beispiel der Pflicht zur Rücklagenbildung und dem Gemeinnützigkeitsrecht hin. Die Finanzverwaltung hat diesen Widerspruch zwischen der sogenannten Thesaurierungspflicht (Rücklagenbildung) und dem nach Gemeinnützigkeitsrecht bestehenden Gebot zur zeitnahen Verausgabung der Mittel zugunsten der Rücklagen gelöst. Spender sollten deshalb wissen, dass es bei dieser Rechtsform juristisch und fiskalisch zwingend ist, der Rücklagenbildung bis zum Erreichen des Stammkapitals von 25.000 Euro den Vorrang zu geben. Bis diese stattliche Summe erreicht ist, müssen 25 Prozent des jährlichen Gewinns für die Rücklagen verwendet werden. Eine andere Frage ist die, warum man für diesen Spendenzweck eine derart komplizierte und für den Laien undurchsichtige Gesellschaftsform wählt. Und es ist nicht so, dass Dr. Breuer grundsätzlich nichts von Vereinen hält, ist er doch außerdem noch 1. Vorsitzender des Söhnlin Keller e. V. Jazz- und Kleinkunstkeller Müllheim.

Wissenswerte Verbindungen. Dr. Elmar Breuer erklärt gegenüber CharityWatch.de schriftlich, für seine Geschäftsführer-Tätigkeit bei Menschen für Tiere kein Gehalt zu beziehen. Als Geschäftsführer der „Stiftung“ nennt das Unternehmensregister für das zum 5. Juli 2010 neu eingetragene Unternehmen neben Breuer allerdings auch Stefanie Olberts. Diese ist zusammen mit Markus Olberts Geschäftsführerin des Futtermittelunternehmens Markus-Mühle GmbH. Geschäftsführerin des Futtermittelunternehmens: lupovet GmbH wiederum ist Miriam M. Breuer. Übrigens hat diese Firma dieselbe Postadresse wie die Stiftung Menschen für Tiere gUG.

CW-Meinung. Es ist ungewöhnlich dreist, sich zunächst für die fälschlicherweise behauptete Anwartschaft auf das Spenden-Siegel zu entschuldigen, dann aber weniger Wochen später denselben Eintrag wieder auf die Homepage zu setzen. Der Antrag auf das Spenden-Siegel kann gar nicht gestellt worden sein, weil es diese „Nicht-Stiftung“ erst seit Juli 2010 gibt. Auch die irreführende Bezeichnung „1. Vorsitzender“, obwohl es in einer gUG nur Geschäftsführer gibt, wurde nur kurzfristig in die korrekte Form geändert.