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Für eine bessere Spendenkultur
8/16/2010 von Stefan Loipfinger
Archivtext

Deutsches Spendenparlament e.V.

Merkel und Kerner loben zweifelhafte Initiative

Das Logo erinnert an eine parlamentarische Sitzordnung
Bild: Deutsches Spendenparlament

Was haben Angela Merkel und Johannes B. Kerner gemeinsam? Beide loben das Deutsche Spendenparlament – zusammen mit anderen Persönlichkeiten. Dabei hat dieses nichts mit dem Bundestag oder einer anderen parlamentarischen Einrichtung zu tun. Es geht um den parlamentarischen Gedanken, dass die Spender selbst über die Verwendung ihrer Gelder abstimmen dürfen – zumindest ab einer Summe von 1.000 Euro. Doch das könnten Sie auch gleich direkt tun und nicht über den Umweg eines Vereins, der erhebliche Kosten produziert. In 2008 verschlangen die Verwaltung, Geschäftsführung und der Mittelerwerb stolze 40,7 Prozent der Gesamtausgaben. Keine empfehlenswerte Kostenquote. Trotzdem ist der von Dieter Brübach geleitete Verein Mitglied im Deutschen Spendenrat und anderen Dachverbänden. Fernsehmoderator Johannes B. Kerner findet das Deutsche Spendenparlament generell für „sehr unterstützenswert“. Bundeskanzlerin Angela Merkel lobt das „Kompetenzgremium für gute Taten“, das es bei einem genaueren Blick nicht wirklich gibt.

Konzept. „Wer mindestens 1.000 Euro spendet, erhält Sitz und Stimme im Deutschen Spendenparlament und wird für das laufende Kalenderjahr Spendenparlamentarier.“ Sie dürfen außerdem zu begünstigende Projekte vorschlagen. Namentlich genannt werden vom Verein diverse ehemalige Landtags- und Bundestagsabgeordnete. Mit Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast ist eine frühere parlamentarische Staatssekretärin im Bundesinnenministerium dabei. „Schauspielerin“ Jenny Elvers wird ebenfalls als Spendenparlamentarierin genannt. Ob diese alle irgendwann die 1.000-Euro-Spende geleistet haben, ist allerdings nicht bekannt. Laut Brübach gibt es für nicht-monetäre Unterstützung der Initiative auch „Ehrensitze“ im Spendenparlament. Diese dürfen bei der Verwendung der Gelder mit abstimmen.

Prominente. Nicht nur die Namen der Spendenparlamentarier werden vertrauensbildend genutzt. Auf der Startseite wird unter der Überschrift „Stimmen zum Spendenparlament“ Johannes B. Kerner und sogar die Bundeskanzlerin Angela Merkel zitiert. Kerner hält danach das Spendenparlament für „sehr unterstützenswert“. Bundeskanzlerin Angela Merkel soll die Kompetenz gelobt haben: "... weil das Engagement des 'Kompetenzgremiums für gute Taten' zur Unterstützung zahlreicher gemeinnütziger Projekte sehr begrüßenswert ist.“ Der ehemalige Niedersächsische Minister für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr, Walter Hirche, wird mit einem Lob zitiert, wonach er die Initiative von Brübach als „sehr ehrenwert“ erachtet. Lutz Stratmann, Niedersächsischer Minister für Wissenschaft und Kultur spricht von „höchst anerkennenswert“. Und eine persönliche Referentin der ehemaligen Bundesgesundheitsministerin Renate Schmidt bedankt sich „im Namen der Ministerin recht herzlich“.

Kriterien. Sehr vollmundig klingt der Slogan des Vereins: „Herzlich willkommen beim Deutschen Spendenparlament, dem Kompetenzgremium für gute Taten!“ Auch der Vereinsname mit „Deutsches Spendenparlament“ erweckt den Eindruck, Entscheidungen würden nur nach reiflicher Prüfung des Sachverhalts gefällt. Dieser Schein entspricht aber offenbar nicht der Realität. Auf Nachfrage erklärte Dieter Brübach, welche Unterlagen vorgelegt werden müssen und wie die Seriosität der Geldempfänger geprüft wird: „Da es sich um gemeinnützige Organisationen handeln muss, lassen wir uns vorab jeweils einen aktuellen Freistellungsbescheid übermitteln.“ Übertragen auf einen Bewerber würde dieser dem Personalvorstand vielleicht ein polizeiliches Führungszeugnis und sonst nichts vorlegen. Das ist natürlich völlig ungenügend, wie selbst der Verein auf seiner Homepage schreibt. Unter „Tipps zum ‚richtigen’ Spenden“ steht gleich unter Punkt 1: „Bevor Sie an eine Organisation spenden, informieren Sie sich ausführlich über diese und ihre Mittelverwendung, zum Beispiel anhand des Internets oder durch Geschäftsberichte.“

Finanzen. Durch eine Erbschaft im Jahr 2007 hat der Verein ein Vermögen angehäuft, das Ende 2009 noch bei 155.000 Euro lag. In den letzten Jahren ist es allerdings geschrumpft, weil die jährlichen Einnahmen aus Spenden mit rund 2.000 Euro sowohl 2008 und 2009 sehr gering ausfielen. Dafür verschlangen die Kosten im Verhältnis sehr viel Geld. Mit 8.200 Euro in 2008 sogar ein Mehrfaches der Spendeneinnahmen. Gemessen an den Gesamtausgaben in Höhe von 20.200 Euro waren es 40,7 Prozent. Gebessert hat sich die Kostenquote in 2009. Mit 1.520 Euro waren es zwar immer noch 75 Prozent der Spendeneinnahmen, gemessen an den Gesamtausgaben 12,1 Prozent.

CW-Meinung. Wieso Angela Merkel und Johannes B. Kerner den Verein loben ist ebenso wenig nachvollziehbar wie die werbliche Nennung namhafter Spendenparlamentarier. Unverhältnismäßig hohe Kosten, die selbst gemessen an den Gesamtausgaben in den letzten beiden Jahren im Durchschnitt bei fast 30 Prozent lagen, sind ein K.O.-Kriterium. Gleiches gilt für die Prüfung der begünstigten Vereine, die mit der Vorlage eines Freistellungsbescheides keinesfalls ausreichend ausfällt. Ein „Kompetenzgremium für gute Taten“, wie der Verein selbst vorgibt, ist nicht erkennbar.

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