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Für eine bessere Spendenkultur
7/29/2010 von Stefan Loipfinger
Archivtext

International Children’s Fund

Zahlreiche Unterlagen beschlagnahmt

Das Logo von International Children's Fund

Sehr zweifelhaft arbeitet seit vielen Jahren der eingetragene Verein International Children’s Fund (ICF) mit Sitz in Frankfurt. Vor einigen Jahren wurde ihm allerdings vom Finanzamt die Gemeinnützigkeit aberkannt. Darauf hin hat der Vorstand Dr. David Bruenning aus Wisconsin/USA eine gemeinnützige GmbH mit dem gleichen Namen gegründet. Hier profitiert Bruenning offenbar von der Lücke im Gemeinnützigkeitsrecht, wonach in den ersten Jahren die Kriterien des Finanzamts noch lockerer sind als in den späteren Jahren. Wohl auch deshalb hat nun die Staatsanwaltschaft Hannover die Ermittlungen aufgenommen.

Gründung. Der eingetragene Verein International Children’s Fund wurde 2003 gegründet. Vorstand ist der in den USA lebende Dr. David Bruenning, der ebenfalls Präsident beim „The International Children’s Fund“ in den USA ist. Der in Deutschland eingetragene Verein, bei dem mit Tomas James Schillemann und Jean Virginia Hoppe zwei weitere US-Amerikaner im Vorstand sind, hat allerdings vor einigen Jahren seine Gemeinnützigkeit verloren. In 2007 wurde vermutlich deshalb eine neue Organisation in Berlin gegründet. Die Rechtsform: gemeinnützige GmbH mit Bruenning als Geschäftsführer und alleinigem Gesellschafter. Mit der Umsetzung bevollmächtigt hat Bruenning die Sozietät Schmitz Knoth Wüllrich Marquardt, die schon häufiger die Formalitäten für die Gründung zweifelhafter Spendenorganisationen übernommen hat.

Werbung. Es geht um die Unterstützung von hilfsbedürftigen Kindern und Jugendlichen in der ganzen Welt. Die Öffentlichkeitsarbeit ist ebenfalls als Zweck definiert, weshalb Ausgaben für die zum Teil sehr aggressiv durchgeführte Mitteleinwerbung genauer zu hinterfragen wären. Auch das Deutsche Zentralinstitut für soziale Fragen (DZI) hat Bettelbriefe von ICF als unangemessen gefühlsbetont und in hohem Maße bedrängend beurteilt, weshalb ein Spender in seiner unabhängigen, sachbezogenen Entscheidung behindert wird.

Ermittlungen. Seit Januar diesen Jahres versucht CharityWatch.de aussagekräftige Zahlen über die Verwendung der Spendengelder zu bekommen – bisher vergeblich. Am 1. April teilte ICF als Zwischeninfo mit: „Eine Mitarbeiterin von Herrn RA Genge rief soeben bei uns an, dass bei ihm eine Razzia stattfand und alle Akten konfisziert wurden. Somit auch die Akten des International Childrens Fund.“ Offenbar betreffen die seit Monaten andauernden Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Hannover auch ICF. Am 11. März diesen Jahres wurden dazu die Büroräume von drei Firmen in Deutschland durchsucht und kistenweise Akten beschlagnahmt. Bei einer Reihe von Organisationen wird der Verdacht der zweckwidrigen Verwendung von Spendengeldern geprüft, da 80 Prozent der Einnahmen für Verwaltung und Werbung aufgewendet wurden. Der Frage einer faktischen Geschäftsführung wird ebenfalls in einigen Fällen nachgegangen. Um welche Organisationen es sich genau handelt, will die Staatsanwaltschaft aus ermittlungstaktischen Gründen immer noch nicht sagen. Doch ICF ist offenbar ebenso im Visier der Ermittler wie die HFK Krebsallianz, über die CharityWatch.de bereits berichtete. Ob es bei ICF wie bei HFK auch um die Frage der Verbuchung von Medikamentenspenden und der damit verbundenen Schönung von Bilanzzahlen geht, ist nicht klar. Eine Anfrage von CharityWatch.de bezüglich der Anschuldigungen durch die Staatsanwaltschaft wurde nicht beantwortet.

Bundesanzeiger. Dass es sich bei ICF nicht um einen kleinen Fall handelt, verdeutlich nicht nur der Jahresumsatz 2009 der US-amerikanischen Organisation. Diese ebenfalls von Dr. David Bruenning geführte Vereinigung hat 2009 stolze 32,2 Millionen US-Dollar umgesetzt. Die deutsche ICF gGmbH hat laut elektronischen Bundesanzeiger für 2008 immerhin einen Jahresüberschuss von 182.500 Euro ausgewiesen, was Spenden in Millionenhöhe vermuten lässt. Zur genauen Höhe des Spendenaufkommens und vor allem dessen Verwendung enthält der Bundesanzeiger allerdings keine Angaben. Für den eingetragenen Verein von ICF gibt es überhaupt keine Zahlen, weil Vereine in Deutschland leider zu keinerlei Veröffentlichungen über die Verwendung von Spenden verpflichtet sind.

CW-Meinung. Sowohl vor der International Children’s Fund gGmbH als auch dem gleichnamigen Verein kann nur gewarnt werden. Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft gegen eine „gute Handvoll“ Vereine betreffen auch die ICF und bestätigen Zweifel an der korrekten Verwendung von Spendengeld. Ebenfalls offenkundig wird durch die Ermittlungen die Zusammenarbeit von ICF mit dem im März durchsuchten Rechtsanwalts- und Steuerbüro in Bad Pyrmont und dem Fundraisingunternehmen in Garbsen. Beide tauchen häufiger in Zusammenhang mit besonders zweifelhaften Spendenorganisationen auf und sind offenbar eine Schnittstelle bei den Organisationen, gegen die die Staatsanwaltschaft ermittelt.

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