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Für eine bessere Spendenkultur
7/8/2010 von Stefan Loipfinger
Archivtext

Hilfsaktion Noma e.V.

Mit Bargeld im Koffer nach Afrika

In Bar werden hundertausende Euro Spenden überbracht
Bild: © 1medusa - Fotolia.com

Wie wohl man sich fühlt, wenn man im Flugzeug nach Afrika sitzt und einen Koffer mit über 100.000 Euro Bargeld bei sich führt? Der Verein Hilfsaktion Noma könnte diese Frage beantworten. Wie Kontoauszüge belegen, werden regelmäßig Barauszahlungen in teilweise sechsstelliger Höhe vorgenommen. Teilweise finden sich dann daneben handschriftliche Hinweise wie: „Bargeldtransfer in den Niger.“ So zum Beispiel bei einer Auszahlung am 16. Januar 2008 über 150.000 Euro. Eine Mitarbeiterin von der Botschaft von Niger in Berlin hat erst einmal herzlich gelacht, als CharityWatch.de von einem Bargeldtransfer in dieser Höhe erzählte. Auf Nachfrage erklärte sie dann aber, dass dies nicht legal wäre und der Zoll einem das Geld abnehmen würde.

Kontoauszüge. Der Beleg über die Auszahlung von 150.000 Euro im Januar 2008 ist längst kein Einzelfall. Im Juli 2007 wurden 140.000 Euro mit dem Vermerk „Transfer in den Niger“ abgehoben. Am 18. März 2009 waren es wieder 150.000 Euro, die mit dem Vermerk „Niger“ von dem Konto bei der Raiffeisenbank Regensburg-Wenzenbach in Bar verfügt wurden. Am 8. Mai 2009 waren es 30.000 Euro (Vermerk: „Dr. Illo, Clinique La Magia“) und am 30. Dezember 2009 weitere 150.000 Euro (Vermerk: „Geldtransfer Guinea-Bissau“). Vor allem die letzte Verfügung ist interessant, weil das Geld so knapp vor Abschluss des Geschäftsjahres verfügt wurde und am selben Tag 260.000 Euro per Auslandsüberweisung an „Hilfsaktion Noma ONG“ in Niamey, Niger bargeldlos transferiert wurden. Die Kosten für die Überweisung in Höhe von 37,50 Euro fielen auch bei anderen Beträgen an, die der deutsche Verein nach Afrika überwiesen hat. Folglich hätten die risikoreichen Bargeldtransfers durch Überweisungen ersetzt werden können. Dazu befragt hat Ute Winkler-Stumpf als Vorstandsvorsitzende des Vereins keine Stellungnahme abgegeben.

Bestimmungen. CharityWatch.de hat bei verschiedenen Botschaften, beim Auswärtigen Amt und beim Zoll nachgefragt, was bei Bargeldtransfers in dieser Höhe zu beachten ist. Der Zöllner am Münchner Flughafen hat auf die Frage erst einmal herzlich gelacht. Nachdem er sich wieder beruhigt hat, schilderte er das einfache Prozedere in Deutschland. Denn bei uns muss die Bargeldausfuhr nur nach Geldwäschegesetz deklariert werden. Entscheidend seien aber die Einfuhrbestimmungen des jeweiligen Landes, die am besten bei der zuständigen Botschaft zu erfragen wären. Zum Schluss fügte er dann etwas süffisant hinzu, „man solle zusätzlich etwas Kleingeld in der Hosentasche mitführen“. Vermutlich deshalb nahm auch die Mitarbeiterin der Botschaft von Niger in Berlin die Frage im ersten Moment nicht ganz ernst. Denn üblicher weise laufen solche Transfers laut ihren Schilderungen über „Western Union“. Auf nochmaliges nachfragen erklärte sie aber ganz ernst, dass solche Bargeldtransfers nicht legal wären. Deshalb würde der Zoll einem bei der Einreise das Geld abnehmen.

Stellungnahme. Bereits am 25. Februar 2010 hat CharityWatch.de eine Stellungnahme von Hilfsaktion Noma erbeten. Bis heute sind die Fragen, warum zum Beispiel das Geld nicht immer überwiesen wurde, unbeantwortet. Es wurden außerdem Belege über die ordnungsgemäße Geldausfuhr und die Deklarierung bei der Einfuhr erbeten. Auch die Frage nach eventuell schon einmal angefallenen Bestechungsgeldern oder Diebstählen blieb unbeantwortet. Wie die Geldüberbringer vor Übergriffen geschützt werden, die bei diesen Beträgen in Afrika auch tödlich enden könnten, war ebenfalls eine Frage an den Verein.

CW-Meinung. Hundertausende Euro in Bar im Koffer zu transportieren ist sehr bedenklich. Unabhängig vom Risiko und vom Nachweis, ob und wie das Geld vor Ort wirklich ankommt, sollte ein Verein schon bessere Wege der Hilfeleistung finden. Wie wird denn im Spenderinteresse sicher gestellt, dass das Bargeld dem satzungsgemäßen Zweck zugeführt wird? Wie prüft das Finanzamt eigentlich, ob das Bargeld vor Ort ankommt? Als großer Sponsor von Hilfsaktion Noma begnügt sich eine Ustinov-Stiftung offenbar mit Auszahlungsbelegen als Nachweis der „ordnungsgemäßen Mittelverwendung“. CharityWatch.de ist das zu wenig. Vor allem auch deshalb, weil der Verein zu keiner Stellungnahme bereit war.