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Für eine bessere Spendenkultur
3/31/2010 von Roland Mitterbauer
Archivtext

Kleine Patienten in Not e.V.

Teurer Trost: Ein Bär im Zwielicht

Dieser Bär kostet netto 15 Euro
Bild: Roland Mitterbauer

Der süße Plüschbär „Benny“ soll Kinder in Notsituationen aufheitern. Ärzte, Sanitäter, Feuerwehrleute und Polizisten greifen gerne auf den flauschigen Mittler zurück. Kleine Patienten in Not e.V. organisiert Spendenaktionen, um Bären zu kaufen und sie anschließend an ausgewählte Einrichtungen auszuliefern. Haken an der Sache: Mit der Abwicklung beauftragt der gemeinnützige Verein einen Zwischenhändler, der mächtig an den Plüschbären verdient. Das belegt ein Vergleich des Sponsorenpreises von 15 Euro netto zu einem weit darunter liegenden Angebotspreis für ähnliche Bären.

Grundgedanke. Zur Aufmunterung traumatisierter Kinder greifen viele Einrichtungen, wie zum Beispiel das Rote Kreuz, Feuerwehren und Krankenhäuser, auf Trösterbären oder ähnliche Stofftiere zurück. Der Nutzen ist unumstritten: Die kleinen Patienten spielen und kuscheln mit den Plüschtieren. Der Arzt kann mit ihrer Hilfe das Gespräch mit den Kindern aufbauen. Kleine Patienten in Not e.V. zieht von Region zu Region und organisiert Spendenaktionen. Die Einrichtungen müssen sich nicht mehr selbst die Plüschtiere irgendwo kaufen, sondern lediglich ihren Bedarf beim Verein anmelden, der dann die Sponsoren – meist Firmen – wirbt beziehungsweise werben lässt.

Vereinsgeschichte. Kleine Patienten in Not e.V. wurde am 29. Juli 2004 in Achern (Baden-Württemberg) ins Vereinsregister eingetragen. Damals war eine Speditionskauffrau aus Offenburg erste Vorsitzende des Vereins. Ralph Wendling, selbstständiger Unternehmer in Obersasbach, ist seit Gründung des Vereins der stellvertretende Vorsitzende. 2006 wechselte der Sitz des Vereins nach Schwandorf. 2008 ist Sonja Hummel, Verwaltungsangestellte in Schwandorf, zur Vorsitzenden des Vereins gewählt worden. Sonja Hummel dient als Werbefigur auf den Prospekten und der Webseite, weiß aber nach eigenen Aussagen kaum etwas über die Abläufe im Verein. Zentrale Schaltfigur im Verein ist Ralph Wendling.

Struktur. Drei Serviceagenturen beschäftigt der gemeinnützige Verein unter anderem für das Aufstellen von Altkleidercontainern (1.495 Euro Einnahmen in 2008) und das Werben von Fördermitgliedern. Für die Trösterbären ist die Serviceagentur Krautwurst aus Amberg beauftragt. Der Geschäftsführer Stephan Krautwurst ist gleichzeitig der Inhaber vom Vereinsbedarf Krautwurst (Gewerbe angemeldet seit 2003), der den Einkauf und die Auslieferung der Trösterbären sowie die Akquise der Sponsoren und die Rechnungsstellung übernimmt. Die Mitarbeiter von Krautwurst schreiben und rufen Firmen in den beworbenen Regionen „im Auftrag von Kleine Patienten in Not e.V.“ an. Bekundet ein Unternehmer sein Interesse, erhält er von Vereinsbedarf Krautwurst eine Rechnung. Jeder Bär kostet 15 Euro netto. Die Betriebe können die Ausgaben als Betriebsausgabe (Werbekosten) absetzen, da es sich um Aufwendungen handelt, die „insbesondere in der Sicherung oder Erhöhung des unternehmerischen Ansehens liegen“. Der gemeinnützige Verein hat mit der Abwicklung nichts zu tun, die Gelder fließen an ihm vorbei. Nur Spenden auf das offizielle Spendenkonto und Mitgliedsbeiträge werden im Finanzbericht des Vereins berücksichtigt.

Dienstleistungen. Zwar wirbt der Verein mit „Clowns-Visiten“ und Aktionen zur „Unfallprävention“. Der Schwerpunkt der Arbeit konzentriert sich jedoch auf die Trösterbären. 2008 flossen nach Vereinsangaben von den Spendenerlösen in Höhe von 144.756 Euro lediglich 6.640 Euro in die finanzielle Unterstützung von Clownsvisiten. Angeblich wurden 4.347 Trösterbären in 14 Landkreisen verteilt.

Jahresbericht. Um einen Finanzbericht hat CharityWatch den Verein gebeten. Es kam nach mehreren Wochen lediglich ein sieben Seiten umfassender „Jahresbericht 2008“ mit nur drei Seiten Zahlen und Statistiken. Daraus ergibt sich nicht, ob die 4.347 Trösterbären von den Spendengeldern oder von den Zahlungen an den Vereinsbedarf bezahlt wurden. Es werden auch die Kosten für die drei Serviceagenturen nicht aufgeführt. Wohin die Spenden in Höhe von 144.756 Euro fließen, ist nicht ersichtlich. Auch weil der Großteil der Firmenspenden ohnehin direkt über Vereinsbedarf Krautwurst abgewickelt wird und damit nicht in der Vereinsstatistik erscheint, sind der Jahres- oder Finanzbericht des Vereins nicht sehr aussagekräftig. Die vom Deutschen Zentralinstitut für soziale Fragen (DZI) geforderte Transparenz kommentiert der stellvertretende Vorsitzende Ralph Wendling so: „Wir richten uns nach dem Finanzamt, nicht nach dem DZI.“ Das Finanzamt unterliegt dem Steuergeheimnis. Eine Transparenz des Vereins der Öffentlichkeit gegenüber, wäre aber Voraussetzung für Seriosität.

Kritik. Schon 2005 warnte die Ravensburger Kinderklinik St. Nikolaus vor der Sammelaktion des Vereins. Er warb ohne Absprache mit dem Namen der Klinik. Das Landratsamt Ravensburg sprach außerdem von einem „völlig überzogenen Preis“ für die Teddybären. Auch der BRK Kreisverband Traunstein distanzierte sich im Jahr 2010 von dem Verein und kauft sich seine Plüschtiere zu einem Bruchteil des Preises lieber aus eigenen Mitteln. Kleine Patienten in Not e.V. gibt an, dass die Bären in Deutschland handgearbeitet wurden. Tatsächlich handelt es sich um leicht abgeänderte Förster Bonbon Bären, die aus Thailand stammen. Die Passauer Neue Presse hat sich im Jahr 2010 unter anderem bei Stofftierhändler Stefan Imberi ein Angebot für mindestens gleichwertige Plüschtiere erstellen lassen. Diese hätten netto bis zu zehn Euro pro Stück weniger gekostet. Die Förster-Bären gibt es im Handel ab einer Bestellmenge von 500 Stück für 8,25 Euro netto. Obwohl der gemeinnützige Verein in den wenigen Jahren nach eigenen Angaben schon 100 000 Stück ausgeliefert hat und Vereinsbedarf Krautwurst direkt beim Importeur Förster bestellt, beträgt der Stückpreis 15 Euro netto.

Expansion. Ralph Wendling hat mittlerweile den eigenen Verein Aktion Glücksmomente e.V. gegründet. Er betreibt eine Sponsoringagentur und ist im Vereinsmarketing tätig. Nach eigenen Aussagen lebt er vom Vertrieb von Sponsorentafeln, der jedoch angeblich unter seinen ehrenamtlichen Tätigkeiten immer öfter leide.

CW-Meinung. Kleine Patienten in Not e.V. erweckt mit umfassendem Werbematerial und einer gepflegten Webseite einen seriösen ersten Eindruck. Die Organisation der meisten Tätigkeiten wird allerdings an Serviceagenturen ausgelagert, die Geld verdienen wollen. Mehrere Agenturen und der hohe Preis für die Plüschtiere deuten auf eine deutliche Kostenstruktur hin. Das wird dadurch untermauert, dass der Verein trotz mehrfacher Nachfrage nicht bereit war, transparent über die Finanzen zu informieren. CharityWatch.de rät deshalb zur Vorsicht.